Hallo Forum!
Ich weiß nicht, ob ich hier richtig bin (falls nicht, bitte verschieben oder steinigen), aber ich versuchs einfach mal..
Mitte August bin ich von meiner 1200er LC-GSA auf die 1290er SuperAdventure umgestiegen. Ende August ging es dann direkt auf Tour, so dass ich erste Erfahrungen sammeln konnte, an denen ich euch teilhaben lassen wollte.
Geplant war, von Potsdam aus über Calais und England nach Irland zu fahren und dort dann die Insel zu umrunden.
Da es aber die ersten 2 Tage (also in D, F und GB) nur geregnet hat, habe ich mich kurzerhand umentschieden und bin nach Portugal gefahren. Nachdem ich die Urkunde vom Nordkapp schon eine Weile habe, wollte ich nun auch das andere Ende Europas "abhaken". Also Cabo da Roca und Cabo de Sao Vicente.
Insgesamt sind dadurch in 11 Tagen ziemlich genau 7.300km auf die Sassi gekommen, zusätzlich zu den 1.000km, die ich in der Woche vor dem Urlaub gefahren bin (um die Einfahrkontrolle noch erledigt zu haben).
Nachdem mich mein Händler bei der Abholung nach Kauf und nach der EFK mehrfach gefragt hatte, ob ich denn wirklich so viele Kilometer fahren möchte (geplant waren 4-6.000km), und er mir dann eine ADAC plus-Mietgliedschaft empfohlen hatte, war ich doch etwas verunsichert, ob ich überhaupt zusammen mit meinem Mopped wieder zuhause ankommen würde..
Zu allem Überfluss ist am Morgen meiner Abfahrt mein Display ausgefallen und blieb einfach schwarz. Erst nach einer ausgiebigen Raucherpause und mehrmaligen Neustarts lief es wieder. Das würde ich jetzt nicht unbedingt als vertrauensbildende Maßnahme verbuchen, aber wider erwarten ( ) hat die Sassi nahezu anstandlos durchgehalten und spulte die Kilometer größtenteils vollkommen unauffällig ab.
Gerade zum Ende der Tour hin machte sich dann aber doch die sportlichere Auslegegung der KTM im Vergleich zur GS bemerkbar; auf den letzten 2, 3 Tagesetappen schmerzte der Allerwerteste schon nach weniger als einer Stunde Fahrzeit, die Windgeräusche / Verwirbelungen am Helm wurden immer nerviger.
Da muss ich auf jeden Fall nochmal ran, und eine ordentliche Sitzbank und ein ordentliches Tourenwindschild besorgen.
Was mir auf der Tour positiv auffiel:
- Die Leistung. Sobald ~3.000rpm anliegen ist einfach Dampf im Kessel, dass es die reine Freude ist. Hielt ich die GS für mehr als ausreichend motorisiert, relativiert sich das im Vergleich zur KTM. Der Motor ist einfach eine Wucht!
- Der Quickshifter. Funktioniert tadellos und butterweich und besser / geschmeidiger als auf der GS. Da ich ihn während der Probefahrt nicht testen konnte und ihn an der GS für eher überflüssig hielt, hatte ich das nicht erwartet.
- Die Kette. Quasi keine Längung über die gesamte Tour, damit auch kein Kettenschlagen. Reinigung / Pflege bestand aus ein paar Mal mit einem öligen Lappen abputzen und mit Kettenspray einsprühen. Einen echten Nachteil ggü. Kardan hatte ich durch die Kette jetzt ehrlich gesagt nicht. Abends sitzt man eh vorm Zelt oder an der Bar, da kann man sich auch ein Kaltgetränk mit zum Mopped nehmen und sich kurz 5-10 Minuten um die Kette kümmern.
- Handling. Sagt man von der GS schon, dass sie sich wie das sprichwörtliche Damenrad fährt, so gilt das erst recht für die 1290 S@S. Auch mit vollen Koffern und großer Ortlieb-Rolle absolut spielerisches Handling. Jederzeit narrensicher und spaßig.
Was mir auf der Tour negativ auffiel:
- Windschutz / Verwirbelungen. Egal, in welcher Stellung ich das Windschild arretiere, ich habe immer nervige Verwirbelungen (und damit Lärm) am Helm. Da es von KTM direkt (soweit ich weiß) keine Tourenscheibe gibt, werde ich hier im Zubehör suchen müssen.
- Tempomat. Im Vergleich zu dem der BMW mindestens 2 Klassen schlechter. Die Abweichungen zur eingestellten Geschwindigkeit sind schon enorm, das "Ansprechverhalten" des Tempomaten sehr sehr langsam. Wenn man z.B. bei 140 den Tempomaten aktiviert und dann den Gasgriff schliesst, sackt das Tempo mitunter um über 10km/h ab, bevor er das merkt. Dann arbeitet sich das Mopped laaaaaangsam wieder nach oben. Das hat bei der BMW deutlich besser funktioniert und ist in meinen Augen schon ein deutlicher Komfort-Mangel, an dem KTM arbeiten sollte.
- Vibrationen bei Autobahn-Tempi. Bei Konstantfahrten mit ~130km/h ist mir regelmässig die rechte Hand eingeschlafen. Das hatte ich so bisher noch nicht. Durch die montierte Lenkererhöhung (+20mm, SW-Motech) wurde die Hand aber zumindest nicht mehr taub, wie es noch ohne die Erhöhung der Fall war. Also liegt das vlt. einfach nur an einer nicht perfekten Ergonomie, der Sache gehe ich noch auf den Grund. ;)
- Stabilität. Der Geradeauslauf ist einfach spürbar schlechter als auf der GS, da gibt es nichts drumherum zu reden. Egal, ob mit Gepäck oder ohne. Wenn man es weiß, ist alles gut. Aber nach gut 50.000km mit meiner GS muss ich mich daran erst gewöhnen.- Gepäckhaken. Um 4 Spanngurte zu befestigen, muss man sich schon reichlich Gedanken machen und suchen, wo es denn geht. Da bot die GS (aufgrund ihres Rohr-Rahmens und der ausladenden Gepäckbrücke) mehr Möglichkeiten.
Was m.E. aber eine absolute Katastrophe ist, ist KTM My Ride.
Jedes Mal, wenn das Motorrad aus war, musste ich die Verbindung neu aufbauen. Und auch dann hat es oft nur nach mehreren Versuchen geklappt, oder ich musste gar die Geräte komplett entkoppeln und neu pairen. Dazu reagiert das Navi eher langsam, wollte mich oftmals falsch herum in Einbahnstraßen führen, hat mich über abgesperrte Wirtschaftswege geführt oder auch in Wälder, wo die "Straße" irgendwann aufhörte. Das Navi war jedoch der Meinung, ich sollte noch 600 Meter weiter fahren und dann abbiegen.. Dass es in vielen Kreisverkehren angezeigt hat, ich solle bspw. an der 3. Ausfahrt raus, obwohl der Kreisel nur 2 Ausfahrten hatte, war da schon das kleinste Übel.
Wirklich nervig war, dass er die heruntergeladenen Karten nicht verwendet hat. So hat mir die App schön mein Datenvolumen leergesaugt, obwohl ich zuhause sämtliche Karten aufs Handy geladen hatte.
Ganz ehrlich: Wenn KTM es nicht richtig hinbekommt, dann sollen sie es sein lassen. Wer sich (wie ich) darauf verlässt, dass er mit My Ride eine zuverlässige Navigationslösung erhält, der wird herbe enttäuscht.
Da sollte KTM entweder eine bereits bestehende Navigations-App adaptieren (z.B. die von Kurviger), oder es ganz lassen.
Das liest sich jetzt vermutlich viel schlimmer, als es am Ende des Tages ist. Denn eines ist klar: Ich hatte mit der Sassi wirklich jede Menge Spaß auf der Tour!
Alles in allem hat sich während meiner Reise mein Eindruck der Probefahrt bestätigt:
Das letzte bischen Touren- / Langstreckenkompetenz wurde geopfert, um ein grundsätzlich spaßigeres / handlicheres Reisemotorrad auf die Räder zu stellen.
Ich hatte (trotz des bescheidenen Wetters der Anfangstage) wie gesagt jede Menge Spaß und bereue den Kauf bis jetzt in keinster Weise!
Vielleicht hilft dies ja dem Einen oder Anderen, der gerade über einen Wechsel nachdenkt. Machen!
Vielleicht findet sich auch der Ein oder Andere, der die selben Probleme hat wie ich, und dafür schon Lösungen gefunden hat.
Wie auch immer: Immer eine Hand breit Gummi unterm Rad und gute Fahrt!
Ein paar Foddos gibts zum Abschluss auch noch..