Edit: 30.04.2019
Kannste mal sehn,
ich hab meinen Standpunkt geändert!
Meine ursprüngliche Aussage:
ich halte von Kurven Hinterschneiden genau nix.
kann ich als krass falsch bestätigen.
Zwar hatte ich -provokativ wie ich bin- im nächsten Satz relativiert:
Ok. -Um genau zu sein, halte ich von 'vermeintlichem' Hinterschneiden -insbesondere vom Kurvenschneiden nix.
Weiter will ich darauf aber nicht mehr eingehen.
Ein paar Sätze zu meinem -inzwischen deutlich weiter entwickelten- Kurvenstil muss ich allerdings doch noch absondern:
Als ich mit dem Fahrrad oder Mofa meine ersten Fahrerfahrungen sammelte, war das an nichts gebunden. Auch der erste graue Lappen wurde ohne praktische Prüfung erteilt.
Also in der Biker-Anfangszeit eher Zuladung als integrierter, engagierte Biker unterwegs. Punkt.
Wenn dann die Kumpels mit ihren Geräten wie die Teufel vorne weg fuhren, blieb ich halt so gut es ging dran: Auf Teufel komm raus. Kurven schneidend, Luft anhaltend, verkrampft und in ständiger Begleitung dutzender Schutzengel.
Reifen, Bremsen und Fahrwerk waren -aus heutiger Sicht- steinzeitlich. Ich eierte entsprechend rum. Irgendwann entdeckte ich für mich den Stil des Kurven-Drückens. Und natürlich den blitzschnell auf die Straße getretenen Stütz-Tritt, der mir so manchen Abflug ersparte. Zum Glück hatte ich schon früh begriffen, dass gute (Dachdecker) Schuhe die halbe Miete sind.
Trotzdem, das Thema Blickführung war kein Thema. Und so manche Zündkerze oder Leitplanke oder was weiß ich, ließ mich meine Linie grandios versemmeln -natürlich nicht wissend, dass ich ihr eigentlich genau folgte...
-Kurven schneiden kannte ich vom Versuch an den anderen dran zubleiben. Aber Linienwahl? Hatte ich nie was von gehört -und das war auch nirgends ein Thema. Nicht mal in der 'Motorrad'.
Dann kam nachts auf ner BAB-Zufahrt eine Öllache und mein erster Abflug. Zum Glück kein Gegenverkehr. Und zum Glück so viel Öl, dass nicht mal mein Regenkombi schaden nahm. Die Lehre die ich daraus zog war? Keine Ahnung.
Der zweite Abflug war dann ein paar Jahre später. In einem 3-spurigen Kreisel. Statt mit 50 eher mit 90 unterwegs. Mittlere Bahn. Dann kam ein Opa, der geradezu auf die innerste Spur zog. Die damals noch feststehenden Fußrasten sorgten dafür, dass mein rechter Fuß heil blieb. Lehre? Keine Ahnung.
Wurde ich langsamer? Eher nicht. Wurde ich aufmerksamer? Absolut.
Ich entwickelte im Laufe der Jahre eine starke Intuition. So konnte ich im Vorfeld bereits Gas raus nehmen...
Wie gesagt ich war mit Drücken und -eher unbewusst mit einer leichten Verbesserung meiner Blickführung beschäftigt.
-Alles sehr rudimentär. Ohne einen Hauch von Fahr- oder Schräglagenphysik.
Einzig, die Kumpels, die wie die besengten über nasses Kopfsteinpflaster samt Straßenbahnschienen heizten -die ließ ich ziehen. Und so nach und nach fühlte ich mich dabei nicht mal mehr als Verlierer.
Dann kam wie bei vielen eine ca. 25 jährige Bike-Abstinenz.
Als ich dann wieder ein- und auf eine GS 500E aufstieg, dachte ich, ich könne besser fahren als je zuvor.
Die Reifen! Das Fahrwerk! Wow! Da ging was!
Und so drückte ich die Suzi umme Ecken. Auf meiner -sich herauskristallisierenden- Hausstrecke im Spessart, gehörte ich zweifellos zu denen, denen zwar nicht dauernd, aber doch immer mal wieder, die Straße ausging.
Das dürfte so nicht weitergehen. Auch wegen denen, denen ständig die Straße ausging.
Ein Bernt mit 'T' Spiegel trat in mein Leben. Vom Blindenstock zum Bike-Feeling war es ein großer und vieles entscheidender Sprung meiner Entwicklung.
Plötzlich hatte ich einen virtuellen Fehlerzähler neben dem Hupknopf. Und der Counter bewegte sich fleißig nach oben. Blickführung! Ja mei! Sich nicht mehr vom Unterfahrschutz für Biker ablenken lassen! Innenknie nach vorne!
Inzwischen wurde dann das Moped um einiges stärker aus 46 wurden 98 PS. Der Drang irgendwem irgendwas beweisen zu müssen trat etwas in den Hintergrund. Erst recht als es 2 Jahre später dann 126PS waren.
Ich entwickelte zusehends Vertrauen in die Haftfähigkeit der Reifen, traute mir größerer Schräglagen zu. Aber irgendwie hatte ich das mit dem Hinterschneiden und dem Kurvenschneiden nicht so wirklich trainiert. Dafür umso mehr das Ballen fahren und das Legen. Sogar leichte Hangingoffs kamen dazu. Ich hatte plötzlich einiges von Fahrphysik begriffen und konnte es -Schräglagen senkend- einsetzen.
Doch ein großes Problem blieb: die, die einem ständig auf der eigenen Spur entgegen kamen. Ich entwickelte also (m)einen Sicherheitsfahrstil.
Schließlich aus Schottland zurück, hatte ich begriffen, dass es das beste ist, immer auf seiner Seite zu bleiben. -Ja, selbst wenn das links ist! Ausnahmen lenken ab, machen unkonzentriert und versauen immer wieder die Linie.
Mein Fahrstil orientierte sich also krass am rechten Straßenrand. Das erforderte viel Konzentration und z.T. auch Überwindung die Blickführung und also so die Linie sauber hinzubekommen.
Tatsächlich gelang es mir -nach und nach- auch recht flott auf dieser Linie unterwegs zu sein. Leichter HO in Rechtskurven? Klar. Muss fast immer. Die Linie mit gezieltem Lenkimpuls schnellstens ändern, weil Hindernisse (oder kleine Kreisel) im Weg sind? Kein Problem.
Inzwischen waren es dann um die 170PS, Traktionskontrolle und die besten Bremsen ever. Das Vertrauen zu 'meiner' neuen Linie wurde selbstverständlich. Kurvenschneiden war praktisch passe.
Praktisch? Also zugegebener Maßen ist 'meine' Linie enorm Konzentration fordernd, mithin sehr anstrengend. Leider kann es da doch passieren, dass die Konzentration nicht reicht.
Inzwischen in der Jetzt-Zeit:
Ich hatte hier diese 'meine' Linie zur Diskussion gestellt. Etwas plakativ, schon klar.
Die Reaktionen fielen entsprechend aus. Einige fundiert, einige emotional, einige... Egal.
Dies Thema bewirkte bei mir genau 2 Dinge:
• erstens legte ich eine Forums-Pause ein. Was sich für mein analoges Selbstverständnis sehr ausgleichend und entspannend anfühlt.
• Zweitens widmete ich mich dem -theoretisch bekannten- aber eben von mir praktisch verteufelten Hinterschneiden.
Was soll ich sagen? Meine 'Rechtsfahrkünste' waren wohl die perfekte Übung, um jederzeit auf ein realistisch angepasstes Hinterschneiden wechseln zu können.
Zusammenfassend kann ich sagen, dass ein permanentes Rechtskurven und extremes Rechtsfahren, dem Fahren mit angezogener Handbremse gleicht.
-Die hab ich jetzt seit ein paar Wochen geöffnet.
Und?
Es hat sich voll gelohnt. Danke denen, die sich ernsthaft mühten Sachverhalte nachdrücklich zu machen. Danke.
Wenn mich jetzt einer fragt, ob ich 'meiner' Linie 100% abgeschworen habe? Nein, hab ich nicht. Tatsächlich gibt es genügend Situationen wo ich -im Moment- keine andere Linie für angemessen halte. Ja. Allerdings ist das inzwischen die Ausnahme und nicht mehr die Regel.
Ja, ich bin jetzt um Größenordnungen entspannter und schwungvoller ums Eck unterwegs. Konzentriert bin ich nach wie vor, nicht um die Hinterschneidungslinie zu finden, die ist jetzt einfach da- Huch! Konzentration halt wenn ich doch mal gaaanz rechts unterwegs bin...
Übrigens: ich favorisiere Hinterschneidungslinien nur, wenn ich sie am Kurvenausgang wirklich krass rechts beenden kann -was mir -wer hätte es gedacht- überhaupt nicht schwerfällt :)
Was Linkskurven angeht:
Da hat sich nicht viel geändert: Rechts ist einfach gut, die Mittellinie ein Fall für der Error-Counter.
Apropos Error-Counter: da hatte ich die letzte Zeit grad nix mehr zu drücken.
Last but not least:
Ob ich jetzt auf die 3D-Anzeige des Navis verzichte?
Ich verzichte weder auf Spiegel, Traktionskontrolle, Schräglagen-ABS... Wieso sollte ich ohne Not auf die Kenntnis der unmittelbar bevorstehenden Streckenführung verzichten?
Also nochmal Dank an alle, die mir halfen meinen Standpunkt zu überarbeiten.
Da ich davon ausgehe, dass Bilder mehr sagen als 1000 Worte, hier jetzt das, was ich meine.
• Linkskurve -übersichtlich-
• Linkskurve -unübersichtlich- (gleichzeitig meine ständige 'alte' Linie)
• Rechtskurve hinterschnitten
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• Rechtskurve hinterschnitten -ideal-
• Rechtskurve hinterschnitten -abgebrochen-
• Rechtskurve -konzentriert rechts- angezogene Handbremse' (meine 'alte' Linie)
Quellen:
Ratschläge aus dem Forum
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ifz - Institut für Zweiradsicherheit
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Original/ weitgehend Verworfen
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