Hi Leute,
ich wollte euch mal von einem kleinen persönlichen Experiment mit Zündkerzen der Firma BRISK berichten, vielleicht interessiert sich der ein oder andere für Alternativen zu den originalen NGK Iridium-Zündkerzen.
F: Warum habe ich die BRISK-Kerzen verbaut?
A: Theoretisch war das völlig sinnfrei, aber ich fand die Technik sehr interessant (Mehrfachelektrode, bei BRISK fälschlicherweise als Gleitfunke vermarktet) und 24€ für 2 Zündkerzen kein großes Problem
F: Was habe ich mir von den Zündkerzen erhofft?
A: Prinzipiell eigentlich nichts. Die 990er ist aber ab Werk sehr inhomogen abgestimmt (teils sehr fett, teils eher sehr mager), weshalb eine wirkungsvollere Initialflamme durchaus Vorteile bringen kann --> Siehe interessanter Skript der RWTH Aachen Klick!
Zudem schwärmen die Jungs im Boxerforum von BRISK und der angeblichen beseitigen des KFR-Symptoms (Konstantfahrruckeln).
F: Hatte ich keine Angst vor schäden?
A: Ein gesundes Misstrauen, ja! Aber die Zündkerzen machten einen optisch sehr ordentlichen Eindruck und man liest quasi nichts von Motorschäden. Bei PKW ist Brisk auch OEM-Lieferant (VAG).
So, nun zum Wesentlichen! Das ist das gute Stück nach knapp 500km Betrieb im Vergleich zu einer neuen NGK LKAR8IB9 Irididum-Zündkerze (das Bild entstand heute).
BRISK-LGS_vs_NGK-Iridium_Elektrodenform.jpg
Man sieht, es können quasi von 360° Umfang rund 50% mit einem Zündfunken beaufschlagt werden. Idealerweise sucht sich der Zündfunke die Stelle mit der idealen Gemischdichte im Brennraum. Bei der testweisen Anregung mit TuneECU (im ausgebauten Zustand) wanderte der Funke fröhlich und durchaus kräftig zwischen allen vier Elektroden umher. Wunderbar, ersten Test bestanden, also einbauen!
Der erste Start erfolgte nach der Winterpause im Frühjahr. Frisch geladene Batterie, ein Druck auf den Anlassknopf, ein paar Kurbelwellenumdrehungen später bollerte die 990er zufrieden und bockstabil im Standgas. Super, auf gehts! Bezüglich des Fahrverhaltens gab es nichts zu berichten. Alles wie immer, die typische 990er Ruckelei blieb, auch sonst war alles völlig unauffällig. Verbrauch unverändert bei ~6,6L/100km - einzig die Auslässe der Endschalldämpfer blieben jetzt blitzblank - dort wo sonst immer alles nach kurzer Zeit mit schwarzen Flecken bedeckt war. Interessant! Ob hier tatsächlich eine vollständigere Verbrennung stattfindet?
Am kommenden Morgen kam der Kaltstart bei 5°C und recht hoher Luftfeuchte. Pech gehabt! Die 990er streikt, wollte nach ewigem Orgeln nur widerwillig mit Gas anspringen. Zündete der Motor dann aber, war alles super...?! Das Problem wurde mit jedem morgen immer drastischer und schlussendlich sprang die KTM nach knapp 500km mit der BRISK-Kerze auch bei +20°C garnicht mehr an...
Details & Problembericht siehe hier --> 990 SM 990 SMR springt kalt nur mit Gas an?!
Was war los? TuneECU meldete keinen Fehler, guter Sprit ist im Tank, Treibstoffpumpe baut Druck auf und bei längerer Orgelei stank die Fuhre tierisch nach Sprit. Langsam kommt der Gedanke: Sind die neuen BRISK-Zündkerzen schon defekt?
Nach dem Startversuch mit einem externen Powerpack startete die KTM dann wiederum doch an, benötigte aber weiterhin ein paar Kurbelwellenumdrehungen. Die verbaute Batterie sollte nach einem Jahr noch taufrisch sein, der Anlasser dreht auch unauffällig kräftig. Rätselhaft...
Mir bleibt nichts anderes übrig: Also alles wieder zerlegen, BRISK-Zündkerzen raus. Dann nochmal im ausgebauten Zustand Testfunken mit TuneECU angeregt --> Funken kräftig und regelmäßig. Optisch sah die Zündkerze auch okay aus... Dann kam mir ein Gedanke
Jetzt habe ich die alten NGK Zündkerzen eingeschraubt, um eine volle Kompression zu erreichen, die BRISK-Kerzen blieben weiterhin draussen an den Zündspulen und wurden gegen Masse gehalten. Dann der Druck auf den Anlasser:
TREFFER! Da haben wir das Problem! Durch den stromhungrigen Anlasser fällt die Systemspannung, man sieht keine Zündfunken mehr an den BRISK-Kerzen, nur ganz unregelmäßig und viel zu selten regten sich schwache Blitze. Im Realfall wäre die KTM aber bereits praktisch schon am Absaufen...
Die Ursache dürfte daher recht simpel und der Konstruktion der BRISK-Kerze geschuldet sein. Der Elektrodenabstand ist fast 3x so groß wie bei der NGK-Kerze (also über 2mm gegenüber 0,8mm bei der NGK).
BRISK-LGS_vs_NGK-Iridium_Elektrodenabstand.jpg
Das kann im Betrieb durchaus Vorteile bieten, benötigt aber eine entsprechend deutlich stärkere Zündspule. Sonst hat man beim Kaltstart eben ein Problem
Die benötigte Spannung (bzw. Zündspulen-Induktivität) für einen Überschlag ist also bei der BRISK deutlich größer, für die benötigte Spulenanregung/Induktionsspannung wird also eine höhere Systemspannung oder eben eine kräftiger Zündspule benötigt. Fällt die Batteriespannung beim Kaltstart ab, war es das dann... Läuft die KTM aber, liegen knapp 14V an der Spule an, das reicht der Zündkerze dann locker aus. Auch im StandBy (TuneECU Test) scheinen 12,6V ausreichend - die Kaltstartspannung dürfte irgendwie im Bereich 11,xy Volt liegen (habe ich bis dato nicht nachgemessen).
Offen ist, wie viel mehr Zeit die Zündspule braucht, um eine genügend große Induktionsspannung aufzubauen - das würde wiederum auch bedeuten, dass besonders bei hohen Drehzahlen der Funke ein paar °KW zu spät kommt, was Spitzenleistung kosten müsste - aber das ist aktuell och viel zu weit vorgegriffen und Bedarf ordentlicher Messungen.
Da ich nun keine LKW-Batterie verbauen will, flogen die BRISK-Kerzen wieder raus und wurden durch vorgeschriebene neue NGK-Iridium-Kerzen ersetzt. Ein Druck auf den Anlasser, ein-zwei Kurbelwellenumdrehungen später meldet sich die KTM selbstzufrieden wieder
So bleibt es nun erstmal auch...
Auf eine geile Saison!
Gruß
Helge
P.S.
Die typischen schwarzen "Auspuff-Auslassflecken" waren mit den NGK-Kerzen sofort wieder da, so ganz lässt mich daher das Thema BRISK nicht los
[edit]
Tippfehler korrigiert, diverse kleine Korrekturen/Ergänzungen. Danke an die zahlreichen Rückmeldungen