Hi Chris,
mag sein, daß ich mich mit dem Reifenschlupf ein wenig flapsig ausgedrückt habe.
Mir ist schon klar, daß ich beim Rollenprüfstand nur einmal sein Trägheitsmoment "einstellen" kann: bei seiner Konstruktion, wenn man das Gewicht und den Durchmesser der Walze wählt.
Dieser Parameter ist von Dynojet streng empirisch bestimmt worden, durch Versuch und Irrtum Das Prüfmotorrad für die Optimierung war eine V-Max, das stärkste Motorrad zur der Zeit, als dieser Prüfstand Ende der Achtziger des vergangen Jhrds. auf die Welt kam. Das Gewicht der Dynojet-Rolle, ihr Trägheitsmoment ist genau so gewählt worden, daß der Reifen gerade nicht durchgeht und die 125 PS bei 100 Nm am Hinterrad in die Walze einbringt. Das ist nicht einmal der schlechteste Optimierungs-Faktor für so ein Trägheitsmoment, wie ich meinen möchte.
Diese Optimierung hat den Vorteil, daß ein Reifen auf dem Dynojet nicht leidet. Wenn der neu ist und noch Noppen von der Produktion auf seiner Lauffläche hat, sind die nach einer Prüfstands-Session immer noch drauf. So sanft ist der Dynojet, wenn es um Schlupf und Reifen-Durchdrehen geht. Diese Optimierung hat natürlich auch ihren Nachteil. Der Dynojet verfehlt Deine Straßen-Vorgabe für die Messdauer, die Länge eines Runs vom Drehzahlkeller weg bis in den Begrenzer, um Meilen. Ich messe aus diesem Grund vorzugsweise im größten Gang, weil es in ihm die längste Hochlaufzeit gibt. Aber nach 10-15 Sekunden ist der Spaß vorbei.
Der P4 teilt übrigens diese Auslegung mit dem Dynojet, was Gewicht und Durchmesser der Walze angeht. Allein der Fuchs geht einen anderen Weg mit einer Rolle, die etwa halb so groß und schwer ist. Entsprechend kurz ist die Hochlaufzeit auf diesem Prüfstand, bis der Motor sein Drehzahlband durcheilt hat.
Was die gemessene und ausgeworfene Spitzenleistung angeht, so ist eine leichte Rolle nicht das Problem. Es geht auch, wie Du sagst, mit dem Trägheitsmoment der rotierenden Massen, der Kurbelwelle und der Schwungmasse inkl. Kupplung allein. Aber halt nur beim LKW-Motor. Ein Motorrad-Motor erreicht, wenn man ihn im Leerlauf hochjagt, seine Explosionsdrehzahl - vermute ich mal, wiill und habe es nicht probiert - noch bevor die Drosselklappen voll offen sind.
So schlimm ist es mit dem Fuchs-Dyno nicht. Ich will auch nicht an seiner ausgeworfenen Spitzenleistung zweifeln. Aber ich halte ihn als Werkzeug, um einen Motor abzustimmen, für - was soll ich jetzt sagen - delikat:
* Seine Hochlaufzeit, die Dauer des Runs ist so kurz, daß jede Abgasanalytik an ihre Grenzen geführt wird, um Änderungen des Gemisch quantitativ korrekt anzuzeigen. Man sieht nicht nichts, aber nur so etwas wie die Summe aus der Beschleunigungsanreicherung, wenn man am Start der Messung den Griff auswindet, und dem eigentlichen Map über die Drehzahl, alles zusammen und verschwommen.
* Ein "leichter" Prüfstand goutiert eine hohe ("mechanisch") hohe Motorabstimmung mit kurzen Ansaugtrichtern, kurzen Krümmer, aggressivem Timing der Nockenwelle mit astraler Leistung am Begrenzer. Je kürzer, wilder höher man diese Sachen macht, umso mehr Leistung wirft das Protokoll aus.
Mit dieser Unart hat auch der Dynojet zu kämpfen. Das weiß ich, weil ich noch einen anderen Prüfstand habe, einen Syntec, bei dem die Rolle ein Eisenbahnrad ist mit knapp 1m Durchmesser. Und bei den Rollen zählt der Durchmesser, was das Trägheitsmoment angeht, im Quadrat. Ein starkes Eisen braucht hier locker die doppelte Zeit als auf dem Dynojet bis zum Begrenzer.
Ich nannte mal eine GSX/R750 mein eigen, die ich - natürlich - zum stärksten Renner machen musste/wollte. Der Dynojet war damals ganz neu. Drum habe ich auch alle Messungen und Tests auf ihm gemacht. Klar habe ich beide Prüfstände (auf anderen Motorrädern) "gegen einander" getestet und verglichen. Die Resultate lagen durchaus auf einem Level.
Beim "alten" Syntec hat man das Hinterrad ausbauen und das Motorrad mit der Schwinge in den Prüfstand "einbauen" müssen. Daher gab es hier keinen Schlupf. Die Motorkraft würde direkt über die Sekundärkette des Bikes in den Prüfstand "gefüttert" - jetzt wäre ein Bild nicht schlecht, habe aber akut nichts in digitaler Form.
Auf jeden Fall habe ich diese Prüfstands-Optimierung über den Winter ausschließlich auf dem Dynojet gemacht. Und entsprechend habe ich mich, nach den verheißungsvollen Leistungskurven, auf die erste Fahrt in der wirklichen Welt und auf der Straße gefreut. Die war aber eine echte Enttäuschung. Daß in der Mitte, von unten ganz zu schweigen, nicht viel passiert, das wußte ich bereits bereits von den Kurven, damit hätte ich mich abgefunden. Wenn dafür oben raus der ultimative Scream passiert wäre. Der blieb aber leider aus. Also zurück mit der GSX/R auf den alten Syntec und mal getestet, was Sache ist. Auf diesem Prüfstand sah man dann wohl auch die Schwäche unten, nur der Spitz vor dem Begrenzer, der auf dem Dynojet so toll aussah, war auf der schweren Rolle nicht einmal ansatzweise zu sehen.
Zurück an den Start, längere Trichter und Krümmer montiert. Jetzt auf einmal ein würdiges Motorrad, das wirklich beschleunigt und die Gänge schnupft, wenn man sie durchschaltet. Das war genau die Eigenschaft, die mir vorher abgegangen war.
Der Dynojet zeigte dann auch den besseren und runderen Drehmomentverlauf, aber halt auch so 7 PS weniger in der Spitze. Ich möchte aber meinen, diese PS waren keine echte, sondern - leider - nur geschwindelt, erzeugt durch die kurze Hochlaufzeit. Seitdem schaue ich weniger auf die PS, als vielmehr auf das Drehmoment und seinen Verlauf, wenn ich auf dem Dynojet herum hüpfe.
Das ist der Grund dafür, daß ich hier von "Last" rede, wenn es um Prüfstande geht. Damit ist nur die Hochlaufzeit gemeint. Die darf einfach nicht unter ein Minimum rutschen, sonst wird es delikat.
WG Kühlung usw: Ich will mich hier mit Dir, Chris, nicht ins Detail verlieren. Von Zeit zu Zeit darf ich auch auf einem ordentlichen Prüfstand von der AVL hospitieren, mit Zwischenkühler für das Wasser und Klima für die Ansaugluft. Nur so viel: wenn das Öl, das hat einen beträchtlichen Anteil an der Motorkühlung, wenn das mal heiß wird, so auf die 100°C zugeht, ist es vorbei mit der Leistung. Wenn ich Pausen einlege zwischen denn Runs, dann nicht wegen des Wassers.
to be continued