KTM 690 (Euro3): Ventile einstellen + Kipphebel körnen + Nockenwellen Aus- und Einbau

  • Hi Leuts


    Wie sagt man so schön: Winterzeit ist Schrauberzeit ?

    Und da ich ja eh gerade einen ausgebauten Motor offen vor mir liegen habe, dachte ich mir ich nutze die Gelegenheit und zeige mal anhand von detailierten Fotos genau wie das Ventile einstellen funktioniert und auch worauf man achten muss, wenn man ggf. die Nockenwelle ausbauen/wechseln will, wie man seine Kipphebel kontrolliert und körnt und worauf man auch dabei achten sollte/muss.


    Ich weiß, für viele von euch ist das alles nichts Neues und der eine oder andere denkt sich vielleicht, wozu soll das denn gut sein, gibt doch eh genug Videos darüber...


    Aber ich denke es gibt sicher auch den einen oder anderen der das alles noch nie selbst gemacht hat und der sich vielleicht auch noch nicht ganz drüber traut, weil er nicht genau weiß wie man den OT findet, was mit der Markierung am Nockenwellen Halteblech gemeint ist, wo die Absteckbohrung der Kurbelwelle genau ist und wie es in dem Loch da drinnen ausschaut, was es mit diesem Autodeko auf sich hat, and so on...



    Wenn dieser Thread unnötig ist, da eh allen alles klar ist, dann sagt Bescheid, dann spar ich mir die Arbeit und der Thread kann gelöscht werden.


    Wenn jedoch dem einem oder anderen vielleicht etwas doch noch nicht ganz klar sein sollte, dann sagt einfach Bescheid (gerne auch per PN wenn man sich keine "Blöse im Forum geben will") und ich werde versuchen die Frage dann in der Anleitung zu beantworten.


    Dazu werd ich jetzt mal einen Platzhalter im Post 2 setzen und dort soll dann peu a peu eine detaillierte Anleitung entstehen in der irgendwann dann mal alle Fragen zum Thema Ventile einstellen, Nockenwelle ausbauen/einbauen und auch gleich wie man die Kipphebel kontrolliert und körnt, geklärt werden sollen.


    Ich werd den Post #2 dann immer wieder mal aktualisieren (dazu bitte in den Kommentaren anmerken was dann noch fehlt oder mich auch auf Fehler in meiner Ausführung hinweisen) und ich hoffe dass zum Schluss dann ne ordentliche Anleitung rauskommt, mit Hilfe derer dann wirklich jeder das Kind geschaukelt bekommen sollte und sich so ggf. dann auch etwas Geld beim Freundlichen sparen kann.


    Aber wie gesagt, wenn das Ganze unnötig ist, dann sagt Bescheid, dann spar ich mir die Mühe

    Einmal editiert, zuletzt von Weity1980 ()

  • Also gut, ich fang dann einfach mal an.

    Dieser Post hier wird dann immer wieder mal aktualisiert und irgendwann sollten dann alle Infos zusammen sein, die man benötigt um erfolgreich sein Ventilspiel zu kontrollieren und ggf. einzustellen, seine Kipphebel zu kontrollieren und ggf. zu körnen und wenn es nötig ist, auch seine Nockenwelle zu wechseln.

    Fragen, Fehler meinerseits und/oder zusätzliche Infos bitte in die Kommentare schreiben, ich werde den Post dann ergänzen


    1.) Vorbereitung und benötigtes Werkzeug


    Wenn man sein Ventilspiel kontrollieren möchte, dann sollte der Motor kalt sein.

    Also bitte nicht vorher noch ne Runde heizen und dann das Ventilspiel kontrollieren.

    Die Vorgaben von KTM bezüglich Ventilspiel liegen bei allen 4 Ventilen (2x Einlass und 2x Auslassventil) zwischen 0,07-0,13mm und soll bei ca. 20° Celsius gemessen werden.

    Wenn's 10° oder 30° Celsius in der Garage hat ist das aber natürlich auch ziemlich Wuppe.

    Nur 80° warm sollte der Motor dabei halt nicht mehr sein.


    Man sollte sein Moped zur Ventilspielkontrolle immer hinten mit einem Montageständer aufbocken, denn am Seitenständer kann man das Ventilspiel zwar auch kontrollieren, aber man kann den Kolben nicht (oder nur schwer) auf OT einstellen wenn das Moped am Seitenständer steht. Warum, weshalb, dazu später mehr...


    Das Öl muss man grundsätzlich weder zur Ventilspiel Kontrolle, noch zum Ein- und Ausbau der Kipphebel oder zum Ein-und Ausbau der Nockenwelle ablassen!


    Wenn man zusammen mit der Ventilspiel Kontrolle auch gleich einen Ölwechsel machen möchte, dann sollte man das Moped warm fahren, das Öl ablassen und das Ventilspiel dann aber erst ein paar Stunden später oder am besten erst am nächsten Tag kontrollieren wenn der Motor wieder komplett abgekühlt ist.


    Werkzeug benötigt man für die Arbeiten am Ventilspiel außer dem was jeder Hobby Schrauber sowieso zu Hause hat und was man großteils auch in der KTM Werkzeugtasche findet, noch zusätzlich einen Drehmomentschlüssel und eine Fühlerlehre mit möglichst kleinen Abstufungen.


    Wenn man seine Kipphebel auch körnen möchte (dazu später mehr), dann benötigt man auch einen Körner, oder was ich persönlich hier sogar eher bevorzuge, einen M8 oder M10 Gewindeschneider. Denn dessen Spitze eignet sich auch hervorragend um etwas präzise zu körnen:

    20190928_160300.jpg



    Wer seine Nockenwelle auch ausbauen/austauschen möchte (was in der Regel nicht nötig ist!) benötigt dann auch noch Loctite 243 Schraubensicherung.

    Also im Grunde gehört fast alles was man zum Ventilspiel kontrollieren/einstellen und Nockenwellen Ein- und Ausbau benötigt sowieso in jeden KTM Schrauber Haushalt.


    Das einzige was man jedoch zusätzlich noch braucht, wenn man das Ventilspiel wirklich mal korrigieren muss, weil das Ventilspiel nicht mehr passt (was aber eher selten der Fall ist) dann braucht man auch noch Shims mit Durchmesser 10mm.

    Üblicherweise findet man sie in 0,05mm Abstufungen, was absolut ausreichend ist um das Ventilspiel ggf. zu korrigieren.


    Für Harleys gibt es auch welche in 10mm Durchmesser mit 0,025mm Abstufung, welche natürlich dann auch bei unseren KTMs passen würden und welche ein präziseres Einstellen der Ventile ermöglichen würde.

    Aber im Grunde braucht man das nicht, denn auch mit der 0,05mm Abstufung kann man immer das Ventilspiel in die Toleranz zwischen 0,07 und 0,13mm laut Herstellervorgabe einstellen.


    Ich persönlich hab mir keinen ganzen Shim Satz gekauft, sondern wenn ich wirklich mal Shims tauschen muss weil das Ventilspiel nicht mehr innerhalb der Toleranz ist, dann hol ich mir die 1-2 Shims die ich benötige einfach einzeln beim Händler in der Nähe (~7€ das Stück).


    Dazu sollte man dann aber vielleicht nicht gerade am Wochenende das Ventilspiel kontrollieren wenn der Händler geschlossen hat :zwinker:



    2.) Sitzbank abnehmen und Ventildeckel freilegen

    Da dies je nach Modell unterschiedlich ist, möchte ich hier nicht genauer darauf eingehen was man neben der Sitzbank alles abbauen muss um an den Ventildeckel zu gelangen.

    Bei der Duke muss man z.B. den Tank abbauen und bei der SMC, SMC-R den Luftfilterkasten.

    Genauere Infos dazu was man bei seinem eigenen Moped abbauen muss um an den Ventildeckel zu gelangen, findet man in diversen YouTube Videos und/oder im Werkstatthandbuch.

    Wenn der eine oder andere diesbezüglich jedoch eine Frage bei seinem.Moped hat, dann kann man er diese aber natürlich auch gerne in den Kommentaren stellen.



    3.) Ventildeckel abschrauben und ausbauen


    Wenn ihr dann die Sitzbank, und je nach Modell den Tank oder den Luftfilterkasten entfernt habt, solltet ihr freien Blick auf den Ventildeckel haben.

    Dieser ist mit 4 Schrauben (rot eingekreist) angeschraubt. Diese Schrauben einfach mit einer Ratsche mit Verlängerung und einer 10er Nuss herausschrauben und zur Seite legen.


    20190928_174755.jpg



    Oben am Ventildeckel ist der sogenannte SLS Deckel angeschraubt.

    Bei den älteren Modellen mündet in beide Anschlüssen am SLS Deckels ein Schlauch, bei den neueren Modellen sieht der Deckel gleich aus, jedoch ist nur mehr ein Schlauch angeschlossen und der zweite Anschluß am SLS Deckel blind gemacht (dazu vielleicht später mehr).


    Den Schlauch/die Schläuche am SLS Deckel einfach abschrauben und den Ventildeckel dann aus dem Rahmen herausholen.

    Solltet ihr euren Ventildeckel nicht oder nur schwer aus dem Rahmen rausbekommen (Duke), dann muss man ggf. voher noch den SLS Deckel vom Ventildeckel abschrauben (3 Schrauben) damit man den Ventildeckel dann aus dem Rahmen rausbekommt


    20190928_174723.jpg


    Am Foto sieht man die Dichtung des Ventildeckels, inkl. der 4 Schrauben mit welchen der Ventildeckel festgeschraubt war und den sogenannten SLS Deckel oben am Ventildeckel.

    Die Dichtung des Ventildeckels kann man ohne Probleme immer wieder verwenden, da braucht man keine neue kaufen.

    Auch wenn man den SLS Deckel abschrauben muss um den Ventildeckel aus dem Rahmen rauszubekommen, muss man sich keine Gedanken wegen irgendeiner Dichtung machen, da auch hier die alten Dichtungen einfach wiederverwendet werden.


    4.) Kolben auf OT stellen und aktuelles Ventilspiel prüfen

    Sobald der Ventildeckel erfolgreich abgenommen und aus dem Rahmen herausgenommen wurde, hat man freien Blick auf den Ventiltrieb:


    1= Kipphebel Auslass

    2= Kipphebel Einlass


    20190928_183238.jpg


    20190928_191604.jpg


    Als erstes gilt es jetzt mal das aktuelle Ventilspiel zu messen.

    Dazu muss jedoch zuerst der Kolben auf den oberen Totpunkt (OT) gestellt werden.


    Wie macht man das?

    Dazu gibt es grundsätzlich zwei Möglichkeiten:


    1.) Man betätigt den Schalthebel und legt den 5ten oder 6ten Gang ein um danach durch das Drehen des Hinterrades den Kolben auf OT zu stellen

    2.) Man entfernt mit einer 14er Inbusnuss den kleinen Deckel am Generatordeckel:

    20190928_184249.jpg


    Ich hab bei meinem Moped diesen Deckel vor einiger Zeit durch ein Ölschauglas ersetzt und hier sieht man dann auch schön, warum man diese Schraube vielleicht nicht unbedingt herausschrauben sollte während das Moped am Seitenständer steht:


    Screenshot_20190928-184141_Gallery.jpg


    Der Generator bzw. die Lichtmaschine badet im Öl!

    Wenn das Moped am Seitenständer steht und man schraubt diese Schraube am Generatordeckel raus, dann kommt einem das Öl entgegen...

    Wenn man jedoch wie Anfangs empfohlen sein Moped hinten mit einem Motorradständer aufgebockt hat, dann kommt da kein Öl mehr aus dem Loch heraus. Maximal vielleicht ein paar Tropfen die man aber einfach abwischen kann.


    Also entweder stellt man durch das Drehen am Hinterrad den Kolben auf OT, oder man schraubt mit einem 14er Inbus den kleinen Deckel aus dem Generatordeckel. Hinter dieser Schraube befindet sich dann nämlich eine 13er Mutter auf der Kurbelwelle durch die man mit einer Ratsche und einer 13er Nuss den Kolben dann ebenfalls auf OT stellen kann:

    20190928_190410.jpg


    Wenn ihr diesen kleinen Deckel am Generatordeckel entfernt, dann passt auf, denn dieser Deckel ist mit einem O-Ring abgedichtet. Passt auf dass ihr den O-Ring nicht verliert und später auch wieder montiert wenn ihr den kleinen Deckel am Generatordeckel wieder einschraubt (am Foto oben kann man den O-Ring auch erkennen)


    Welche Variante man wählt, damit man den Kolben auf OT stellt, bleibt jedem selbst überlassen. Beide Varianten funktionieren jedoch nur wenn das Moped hinten mit einem Montageständer aufgebockt ist.


    Grundsätzlich genügt die Variante mit dem Hinterreifen vollkommen, ich persönlich bevorzuge aber die Variante mit der 13er Mutter hinter dem Generatordeckel.


    So, dann kommen wir zum eigentlichen Einstellen des Kolbens auf den oberen Totpunkt (OT):


    Weiter geht es in Post #6 da die max. Anzahl der Zeichen in diesem Post bereits ausgeschöpft ist

    7 Mal editiert, zuletzt von Weity1980 ()

  • Ich werd versuchen alles bis ins kleinste zu erwähnen denn meine Erfahrung ist, was für den einen selbstverständlich ist, da hat ein anderer vielleicht noch nie was von gehört.


    Also mag die Anleitung dann sicher für den einen oder anderen etwas zu ausschweifend sein, aber ich will sicher gehn, dass selbst ein Schrauber Anfänger dann nichts mehr falsch machen kann dabei.


    Meine Basis/mein Moped ist natürlich eine Duke 3 Baujahr 2009 mit 654ccm Motor.

    Wobei aber der Motor, der vor mir liegt und anhand dessen ich dann auch die Anleitung erstellen werde, aber aus einer SMC-R Bj. 2013 mit 690ccm stammt.

    Aber ob das jetzt der alte oder neue Motor ist, wieviel ccm der Motor hat, welche Pleullänge im Motor verbaut ist, ob ein oder zwei Zündkerzen verbaut sind etc., das spielt ja im Prinzip keine Rolle beim Ventile prüfen und einstellen.


    Das Grundprinzip hat sich bei den Euro3 Motoren im Laufe der Jahre ja nicht verändert, aber wenn trotzdem jemanden etwas auffällt, dass so bei einem anderen Modell nicht übereinstimmt wie ich es zeige, dann bitte einfach Bescheid sagen, dann werd ich das dann natürlich ergänzen.


    Ich finde es wäre halt einfach schade darum die Chance nicht zu nützen, Details einzufangen die man in eingebauten Zustand nicht oder nur schwer dokumentieren/fotografieren kann.


    Und zum Schluss soll einfach wirklich jeder mit dieser Anleitung dann im Stande sein, sein Ventilspiel und seine Kipphebel zu prüfen und die Kipphebel dann ggf. auch korrekt zu körnen.


    G.A.S. zum Autodeko werd ich einen extra Punkt machen, damit das dann auch mal schön ersichtlich ist, was dieser eigentlich macht und was man da beachten sollte

    2 Mal editiert, zuletzt von Weity1980 ()

  • Weity1980

    Hat den Titel des Themas von „Ventile einstellen und Nockenwelle ausbauen bei einem KTM 690iger Motor“ zu „KTM 690 (Euro3): Ventile einstellen + Kipphebel körnen + Nockenwellen Aus- und Einbau“ geändert.
  • Den Kolben auf OT stellen:


    Damit man den Kolben auf OT stellen kann, muss man dafür sorgen dass man nicht gegen die Kompression im Zylinder ankämpfen muss. Dazu empfiehlt es sich einfach die Zündkerze auszuschrauben.


    Bevor man jedoch die Zündkerze ausschrauben kann, muss man erst mal den Kerzenstecker aus dem Kerzenschacht bekommen. Das Ganze gilt für die Motoren mit einer Zündkerze, wie das bei den Motoren mit 2 Zündkerzen ausschaut weiß ich leider nicht.


    Also, um den Zündkerzenstecker sauber aus dem Schacht zu bekommen ohne ihn dabei zu beschädigen gibt es 2 Möglichkeiten:


    1.) Man bläst mit Druckluft in das kleine Loch gleich neben dem Temperaturfühler:


    20190928_210910.jpg


    Das ist der Wasserablauf des Zündkerzenschacht und wenn man hier mit Druckluft reinbläst, macht es flup, und der Kerzenstecker kommt von alleine raus.


    Wenn man keine Druckluft zu Hause hat dann kann man auch diese Methode hier anwenden :pfeil: Link


    Wichtig ist dass man den Zündkerzenstecker auf keinen Fall mit Gewalt am Kabel rauszieht oder gar versucht ihn mit einer Zange rauszuziehen.


    Wenn der Kerzenstecker dann draußen ist, dann einfach die Zündkerze mit dem Zündkerzenschlüssel, der im Bordwerkzeug dabei ist, rausdrehen.


    Jetzt kann man den Kolben problemlos auf OT einstellen, denn jetzt findet keine Kompression mehr im Zylinder statt.


    Um den OT zu finden, muss man nun nur entweder mit eingelegtem Gang am Hinterreifen drehen, oder eben mit einer Ratsche vorne am Generatordeckel die 13er Mutter drehen.


    Ich hab mir das jetzt mal angeschaut, weil es ja immer wieder mal heißt man muss in die oder die Richtung drehen...

    Es ist vollkommen Schnuppe in welche Richtung man dreht, egal ob am Hinterreifen oder vorne an der Mutter.

    Der Autodeko spielt dabei keine Rolle, denn der lässt nur vor dem OT die Auslassventile einen Spalt weit öffnen, im OT drückt er aber nicht auf die Nockenwelle.


    Den OT hat man gefunden wenn die 3 Löcher der Nockenwelle so stehen wie auf dem Foto zu sehen ist und man durch die äußeren beiden Löcher (rote Pfeile) die Achsen der Kipphebel sieht

    20190928_213039.jpg


    In der Mitte beim blauen Pfeil sieht man dann dahinter eine Markierung auf der Nockenwelle, welche mit der Markierung auf dem Nockenwellehalteblech übereinstimmen sollte:

    20190928_213545.jpg20190928_213736.jpg


    Ob die Markierungen aber exakt fluchten oder ob da 1-2mm Verschiebung ist, ist vollkommen irrelevant für das Messen und Einstellen des Ventilspiels.


    Man muss sich auch keine Gedanken darüber machen ob man eh den richtigen OT hat. Da die Nockenwelle ja nur eine halbe Umdrehungen macht, während die Kurbelwelle eine ganze Umdrehung macht, stehen beim "falschen" OT dann die 3 anderen Löcher oben und man sieht nicht mehr bei den äußeren beiden Löchern auf die Kipphebelachsen und im mittleren Loch sieht man dann natürlich auch keine Markierung mehr auf der Nockenwelle. So sieht der "falsche" OT aus:

    20190928_200144.jpg


    Wenn man dann den richtigen OT eingestellt hat, dann nimmt man die Fühlerlehre und misst bei jedem einzelnen Ventil zwischen Kipphebel und Ventilfederteller den Abstand.

    Am besten man fängt mit einer 0,07mm oder 0,08mm Fühlerlehre an:

    20190928_232612.jpg


    20190928_232554.jpg


    Wenn die 0,07mm oder 0,08mm bei allen 4 Ventilen reingeht, dann versucht man es mit einer 0,13 Fühlerlehre. Diese sollte dann am besten nicht mehr oder nur mehr ganz streng reingehn.

    Wenn das alles passt, dann wars das schon und alle Ventile liegen somit innerhalb der Toleranz von 0,07-0,13mm Ventilspiel.


    Aber auch wenn das Ventilspiel bei allen 4 Ventilen passt, sollte man bei jeder Ventilspiel Kontrolle am besten auch gleich die Kipphebel ausbauen, prüfen und ggf. körnen wenn das bisher noch nicht gemacht wurde.

    Dazu dann mehr im nächsten Punkt.


    In meinem Fall ging bei dem Motor den ich gerade überarbeite beim Auslassventil links z.B. aber auch noch die 0,15mm Fühlerlehre rein. Das heißt hier war das Ventilspiel bereits zu groß

    20190928_204112.jpg


    So etwas bringt den Motor zwar nicht gleich um, aber die Geräuschkulisse des Motors wird zunehmend lauter (der Motor fängt an übermässig zu Klappern) und es kann in weitere Folge auch ein Schaden an den Kipphebeln und der Nockenwelle entstehen wenn das Ventilspiel nicht korrigiert wird.

    Was macht man in so einem Fall?

    Man muss den Kipphebel ausbauen um den Shim im Ventilfederteller zu wechseln.


    5.) Kipphebel ausbauen, prüfen und körnen und Ventilshims wechseln wenn das Ventilspiel nicht passt

    So, dann kommen wir nun zum Kipphebelausbau. Bevor ihr das allerdings macht empfhielt es sich den Steuerkettenschacht mit einem alten Fetzen oder ähnlichem halbwegs dicht zu machen, damit euch da nichts reinfallen kann (wenn euch zum Beispiel eine Schraube aus der Hand rutscht oder euch beim Shim Wechsel ein Shim runterfällt).

    20190928_171343.jpg


    Im übrigen, für das Ventilspiel kontrollieren und den Ausbau der Kipphebel muss die Kurbelwelle nicht fixiert werden. Es genügt vollkommen wenn der Kolben einigermaßen auf dem "richtigen" OT steht, sodass an den äußeren beiden Löchern im Nockenwellenrad die Kipphebelachsen zu sehen sind (rote Pfeile):


    20190930_203908.jpg


    Die linke Kipphebelachse (=Auslass) habe ich auf dem Foto bereits etwas herausgezogen damit man sich das besser vorstellen kann.

    Auf den Kipphebelachsen ist oben ein Punkt eingekörnt (blauer Pfeil).

    Bitte darauf achten dass dieser Punkt später, wenn ihr die Kipphebel und die Achsen dann wieder einbaut, auch wieder oben ist!

    Das ist sehr, sehr wichtig!!! Sonst werden die Achsen nämlich nicht mehr ausreichend mit Öl geschmiert und die Kipphebel könnten sich auf den Achsen verreiben weil sie nicht mehr ausreichend geschmiert werden! Also ganz wichtig beim Einbau der Achsen: den Punkt vorne auf den Achsen immer nach oben!!!


    Wie bekommt man die Achsen nun heraus?

    Ganz einfach: wenn ihr von oben auf den Zylinderkopf schaut, seht ihr 4 Stück M6 Schrauben (5er Inbus). Diese 4 Schrauben einfach rausdrehen.

    Vorne sind das M6x40 Schrauben und die beiden hinteren sind M6x30 Schrauben:

    20190930_205509.jpg


    Wenn ihr diese Schrauben rausgedreht habt, dann könnt ihr die beiden vorderen Schrauben (M6x40) benutzen um sie durch die äußeren Löcher im Nockenwellenrad in die Kipphebelachsen handfest einzuschrauben und damit dann die Kipphebelachsen einfach nach vorne herauszuziehen. Wenn sich die Achsen dabei etwas zieren und etwas strammer sitzen, dann ruhig mit etwas Schmackes anziehen (ggf. mit einer Wasserpumpenzange an der Schraube ziehen) bis die Achse rauskommt.


    Nachdem die Achsen dann herausgezogen wurden könnt ihr die Kipphebel einfach aus dem Zylinderkopf herausnehmen


    20190930_203434.jpg



    Hier seht ihr nun die Kipphebelachsen inkl. der 4 Stück M6 Schrauben (eine.Schraube ist noch in einer Kipphebelachse eingeschraubt) und die beiden Kipphebel:


    20190930_210604.jpg


    Links ist der Auslass Kipphebel und rechts der Einlass Kipphebel.


    Rot eingekreist habe ich die auf den Kipphebelachsen befindlichen kleinen Ölbohrungen welche nur an der Oberseite der Achsen vorhanden sind und welche beim Einbau der Achsen deshalb auch immer oben sein müssen! Deren Position ist deshalb dann auch extra noch einmal an der Vorderseite der Achsen durch die zuvor gezeigten Körnerpunkte markiert.

    Also immer beim Einbau der Achsen den Körnerpunkt vorne an der Achse nach oben!!! Dann sind auch diese beiden kleinen Ölbohrungen oben und das dort auslaufende Öl kann nach unten ablaufen und dadurch die ganze Kipphebelachse schmieren.

    Damit das auch über die ganze Länge der Achse passiert ist oben entlang der Achse eine kleine Planfläche eingefräst.


    Kommen wir nun zum Kipphebel kontrollieren:

    Als erstes sollte man sich mal anschauen ob die Rollen der Kipphebel sich noch sauber drehen lassen und kein "Ruckeln" oder ähnliches vorhanden ist, wenn man die Rollen dreht. Außerdem sollte man sich natürlich auch die Oberfläche der Rollen anschauen ob die noch absolut glatt sind oder ob sie irgendwelche Beschädigungen, Riefen, Vertiefungen, Pitting, etc. aufweisen.

    "Glanzspuren" sind dabei unbedenklich solange sie nicht zu ausgeprägt sind und solange keine Riefen in den Rollen mit dem Fingernagel spürbar sind.

    Das hier wären z.B solche Glanzspuren auf einem Einlass Kipphebel die man zwar etwas im Auge behalten sollte, die aber in diesem Fall noch absolut unbedenklich sind, da man keinerlei Riefen oder Beschädigungen auf der Rolle mit dem Fingernagel spüren kann:


    20190930_223144.jpg


    Wenn das passt, dann sollte man kontrollieren ob die Rollen genug axiales Spiel haben (Spiel nach links und nach rechts auf der Achse/dem Rollenbolzen).

    Diese Spiel sollte ~ 0,25mm betragen, muss man aber nicht messen, es genügt wenn die Rolle nach links und rechts etwas Luft hat damit sie sich in diese Richtung bewegen kann.


    Danach sollte man das radiale Spiel kontrollieren. Dazu die Rolle zwischen zwei Finger nehmen und versuchen die Rolle rauf und runter oder nach vor und zurück zu bewegen.

    Hier darf die Rolle kein Spiel haben!!!

    Diesen Vorgang am besten mehrmals wiederholen indem man die Rolle ein Stückchen weiter dreht und dann nochmal versucht sie nach oben und nach unten zu bewegen.

    Radiales Spiel darf die Rolle in keiner Position haben, wenn doch, dann ist der Kipphebel Schrott.


    Letzter Punkt: die Achse/den Bolzen der Rolle an den Kipphebel kontrollieren.

    Hierzu einfach mit einem Schaubenzieher oder ähnlichem 1x links und 1x rechts an der Achse etwas andrücken und versuchen ob sich die Achse aus dem Kipphebel rausdrücken lässt.

    Dies darf ebenfalls nicht möglich sein und die Achse sollte bombenfest sitzen!

    Das Foto zeigt den Bolzen/die Achse der Kipphebelrolle (roter Pfeil) und das axiale Spiel welches ich hier mit 0,25mm gemessen habe (man muss aber wie gesagt das Spiel nicht unbedingt exakt messen, es genügt wenn die Rolle Luft nach links und nach rechts auf der Achse hat)


    20190930_215157.jpg


    Weiter geht's im nächsten Post, da die max. Anzahl der Zeichen in diesem Post bereits wieder erreicht wurde...

    17 Mal editiert, zuletzt von Weity1980 ()

  • Kipphebel körnen:


    Warum macht man das? Dazu kann ich euch dieses Video hier empfehlen, dort wird alles super erklärt und ich spar mir dadurch einen Haufen Schreibarbeit^^


    Zum Körnen selbst: ich persönlich würd euch empfehlen eine umgedrehte M5 Senkkopfschraube oder etwas ähnliches unter den Bolzen der Rolle zu stellen, damit ihr die Laschen/die Gabelscheiden der Kipphebel nicht zusammenbiegt wenn ihr den Bolzen von oben körnt.


    Wenn man nämlich nur die Lasche aufliegen lässt, so wie es der Pirat gemacht hat, dann könnte es passieren dass sich die Laschen beim Körnen etwas zusammenbiegen und das wollen wir aber natürlich nicht, da sich dadurch auch das axiale Spiel der Kipphebelrolle verringern würde.

    Deshalb am besten irgendetwas genau unter den Bolzen der Rolle unterstellen dass max. so dick ist wie der Durchmesser des Bolzens:


    20190820_101832.jpg


    Dazu braucht es dann natürlich eine helfende Hand. Einer balanciert den Kipphebel über dem Gegenstand (hier z.B. eine umgdrehte M5x10 Senkkopfschraube) aus und der 2te körnt von oben mit etwas Schmackes den Bolzen der Kipphebelrolle entweder mit einem Körner, oder wie ich es lieber mache und wie ich anfangs schon beschrieben habe, mit der Spitze eines M6 oder M8 Gewindeschneiders.


    Wie bzw. wo genau körnt man nun den Bolzen der Kipphebelrolle?


    Den Bolzen körnt man in der runden Nut die bereits im Bolzen eingeprägt ist und welche die originale Verpressung des Bolzens darstellt.


    Ob man 3 oder 4 Körnerpunkte setzt ist dabei komplett Schnuppe.

    Wichtig ist nur dass genug Material vom Bolzen nach außen verdrängt wird damit durch diese Materialausweitung der Bolzen dann nicht mehr durch die Bohrung in der Lasche rauswandern kann.

    Die originale Verpressung ist leider teilweise nicht ausreichend ausgeführt und genau deshalb empfhielt es sich auch den Bolzen zusätzlich noch zu körnen damit er wirklich nicht mehr nach links oder nach rechts rauswandern kann.


    Bolzen vor dem Körnen mit originaler Verpressung:

    20190930_232037.jpg


    Bolzen nach dem Körnen:

    20190930_232000.jpg


    Hier sieht man denke ich schön dass ich an den 3 Punkten Material vom Bolzen weiter nach außen gekörnt habe, als dies durch die originale Verbressung geschehen ist.

    Das hier ist dann auch vollkommen ausreichend damit der Bolzen mit 100%iger Sicherheit nicht mehr rauswandern kann.


    Man kann halt leider vorab nie mit Sicherheit sagen ob die originale Verpressung ausreichend ist oder nicht...

    Wie sich in den letzten Jahren gezeigt hat, war sie halt leider oftmals nicht ausreichend...


    Und wenn man merkt dass sie es nicht ausreichend war, dann ist es in der Regel halt leider oft schon zu spät.

    Die Bolzen/Achsen der Rollen können heute durch die originale Verbressung noch bombenfest sitzen und 1500km später wandern sie trotzdem raus.


    Aus diesem Grund empfiehlt es sich einfach dass man seine Kipphebel zusätzlich zur originalen Verpressung auch noch körnt.


    Ich hab mir heuer selbst die neuste Generation der Kipphebel eingebaut (SF 17 M19) und habe sie trotzdem gekörnt.


    Wenn man es richtig macht, dann geht dabei nichts kaputt aber man ist damit dann einfach auf der sicheren Seite.

    Ob man seine Kipphebel körnt oder ob man auf die originale Verpressung vertraut, bleibt aber natürlich jedem selbst überlassen.

    Wenn man noch Garantie auf sein Moped hat, dann würde ich davon abraten die Kipphebel selbst zu körnen, da dadurch die Garantie erlöschen würde.

    Sobald man aber keine Garantie mehr hat, würd ich persönlich es jedem empfehlen, einfach weil man sich dadurch ne Menge Ärger und ggf. auch Geld ersparen kann.


    Dennoch ist das Körnen nur eine allgemeine Empfehlung die sich die letzten Jahre hinweg einfach bewährt hat bei den 690iger Modellen mit Euro3 Motor.

    Ob man es macht oder nicht, dass muss aber natürlich jeder selbst entscheiden.


    Btw., natürlich muss man den Bolzen der Kipphebelrolle auf beiden Seiten körnen damit der Bolzen dann weder nach links noch nach rechts rauswandern kann!


    Und nach dem Körnen bitte unbedingt nochmal kontrollieren ob die Rolle auch immer noch ausreichend axiales Spiel hat und man die Laschen der Kipphebel beim Körnen nicht zusammengebogen hat!


    Wenn das passt und man beide Kipphebel kontrolliert und ggf. gekörnt hat, dann kann man sie wieder in den Zylinderkopf einsetzen, die Kipphebelachsen durch die äußeren Löcher im Nockenwellenrad schieben (Körnerpunkt an den Kipphebelachsen nach oben!!!) und die Achsen mit den M6 Schrauben wieder anschrauben.


    Zuvor das Gewinde der Schrauben ggf. mit etwas Bremsenreiniger reinigen.

    Vorne kommen die langen Schrauben rein (M6x40) und hinten jeweils die kurzen (M6x30).

    Diese Schrauben werden dann mit 12NM festgezogen und werden nicht(!) mit Loctite eingeklebt!


    ***to be continued***

    6 Mal editiert, zuletzt von Weity1980 ()

  • Hi Martin,


    ich möchte doch mal ein ausdrückliches Lob für die Mühe aussprechen, die Du Dir hier machst das alles zu beschreiben :respekt:. Davon profitiert jeder, der die Arbeiten zum ersten Mal durchführt, auch wenn er hoffentlich ein Reparaturhandbuch zur Hand hat (ist ja fast überflüssig). Und etwas technische Substanz tut dem Forum sicher auch gut :ja:. Dass der Motor einer älteren Generation angehört ist überhaupt kein Problem, denn der wird sicher eher in der eigenen Garage gewartet als zum Händler geschoben.


    In diesem Sinne

    Herzliche Schraubergrüße


    Fritz

    Alles über 50PS braucht man nur um Fahrfehler auszugleichen! 690R/790 Standard:zwinker:

  • Danke für das Lob ?

    Wird aber sicher noch etwas dauern bis die Anleitung komplett fertig ist.

    Das alles nieder zu schreiben ist dann doch umfangreicher und mehr Arbeit als ich ursprünglich gedacht hätte :crazy:

    Vorallem weil einem auch immer wieder mal was durch den Kopf geht was man vielleicht auch noch erwähnen könnte/sollte, aber das kann man gar nicht alles schreiben, denn irgendwann artet das sonst in einer never ending Story aus

    Einmal editiert, zuletzt von Weity1980 ()

  • Servus,


    habe heute bei meiner 2017er SMCR das Ventilspiel geprüft und die Kipphebel gekörnt. Ich wollte den Kolben auf OT stellen und wollte es als erstes mit der M13 Schraube am Motor probieren aber damit ist es nicht gegangen. Ich habe den Kunststoff Innensechkant nur "abgedreht/abgenudelt" wie man so schön sagt, aber der Kolben hat sich nicht bewegt..... Hab es schließlich mitm 6. Gang und Hinterrad bewegen gemacht. Aber das hat mich sehr stutzig gemacht warum das nicht geht... Weiß wer vielleicht warum?


    LG Florian

  • Ich weiß es :winke:



    Das ist schon ziemlich nice was du da gemacht hast :respekt: :lol:

  • Aitzi28


    Das hier ist eine 14er(!) Innensechskant Kunststoff Verschlussschraube(!)...


    20200522_224031.jpg



    Wenn du diese links herum (also gegen den Uhrzeigersinn!) rausschraubst, dann kommt dahinter eine 13er(!) Mutter zum Vorschein.

    Und an dieser 13er Mutter stellt man den Kolben auf OT und nicht an der 14er Verschlussschraube :zwinker:



    Sachen gibt's :crazy:

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  • @Weity1980


    Danke für die Antwort!:zwinker:

    ich hab mir die Anleitung von KTM nicht durchgelesen sondern nur mit einem Video gewerkt. Hab mir eh gedacht wie das mit dem Plastik Drum gehen soll.. aber traute mir nicht es runterzuschrauben.

    Jetzt weiß ich auf jeden Fall warums nicht ging:grins:

  • ich hab mir die Anleitung von KTM nicht durchgelesen

    Das sollte man sowieso nie tun :nein:

    Am besten ist es immer noch wenn man eigene Erfahrungen sammelt :prost:



    :achtung ironie:

  • Aitzi28


    Wenn du willst, dann schreib mir deine Adresse per PN, dann schick ich dir gratis eine neue Alu Verschlusschraube in KTM orange eloxiert.

    Dann war deine Aktion zumindest nicht ganz umsonst


    20200522_231100.jpg

  • @Weity1980


    Ich hab vorher eben nicht gewusst, dass die aus Kunststoff ist und nur die Abdeckung ist... Darum hab ich angesetzt und dachte mir hm das kanns doch nicht sein aus Plastik.....

    Mann das wäre super!!! wäre dir sehr dankbar wenn du mir die schicken könntest !:Daumen hoch:

    Welch nette Leute man hier kennen lernt ein Wahnsinn!:prost:



    Lg Florian

  • Nett ist der kleine Bruder von Sch*** :zwinker:


    Schick mir einfach deine Adresse, ich brauch das Teil eh nicht mehr