Gleich mal vorweg, das ist kein Testbericht für die Allgemeinheit, es soll nur zeigen was in einer alten LC4 alles noch so drinnen steckt.
Von den Messen her kennt man ja den Umstand, daß dort die Moppeds ziemlich leicht sind, Künststück, weil ja meist der Tank knochentrocken ist.
Im Geschäft habe ich mal die neuere Pegaso nach links und rechts geschaukelt und war erstaunt, daß das leichter ging wie mit meiner Duke2. Da war ich schon ein bisserl Fassungslos. Später liest man dann, daß die Mühle vollgetankt +190kg wiegt.
Wie sehr also das Gefühl bzw unterschiedlich FZG-Zustände täuschen können...
Dementprechend skeptisch war ich bei der 690SM. Die wackelt sich ja auch leicht um die Reifenauflageflächen.
Ich erschien nach der Mittagspause beim Dealer wo mir gesagt wurde, daß als Vorführer die Prestige bereit stand.
Und die wäre neu, also genau 0km am Tacho. Und die war wirklich frisch aus der Kiste, ein paar Sachen mußten noch gerichtet werden und dann konnte ich schon aufsteigen.
Als ich mich das erste Mal mit Leder und Tech8 auf die Bank setzte dachte ich zu träumen. Haben die KTM'ler einen Knall?
Die Stufe vorne am Tank kollidiert massiv mit meinen Knien. Von wegen enger Knieschluß, das geht so nicht.
Ich bin dann so weit nach hinten gerutscht, daß das Mopped und meine Knie voreinander kamen, was aber eine sehr unangenehme Sitzposition bedeutete.
Ich fühlte mich fast wie auf einer Streckbank. Und plötzlich spürte ich die schmale Tailie. Ist schon schräg: je choppermäßig man draufsitzt desto sportlicher wird Sie und je sportlicher die Sitzposition desto choppermäßig die Beine.
Ich bin zwar nur 180 groß, scheine aber lange Haxen zu haben. Den Kniewinkel fand ich auch anstrengender als auf meiner.
Genug gemosert, Mopped an und los.
Über den Sound wurde eh schon viel gesagt, ich finde den schrecklich. Wie wenn jemand eine schnatternde Nähmaschine mit einem Fön gekreuzt hätte.
Abgesehen von der komischen Dreipunktauflage (Popsch, li+re Knie) fällt das leichte Handling auf. Sie läßt sich sehr leicht herumwedeln, tolle "flickability" [(c) irgendein UK-magazin]. Vom Lenkkopf her ist Sie aber nicht so agil wie die meine, igendwie muß sich der flachere Winkel ja bemerkbar machen.
Der Motor läuft ziemlich kultiviert und läßt sich im Vergleich zur Alten sehr untertourig fahren.
Beim Spielen mit dem Gas fällt auf, daß die Einspritzung nicht immer das tut was die Hand befiehlt, es stört aber nicht wirklich.
Was ich ein bischen nervig fand, waren die vielen Schaltvorgänge. Es geht zwar leicht, aber bei meiner ist halt nicht so viel notwendig. Bei der Leichtigkeit wie die Wechsel vor sich gehen, hätte KTM die Schaltwege ruhig kürzer machen können, ich mags halt knackig.
Weiters hab ich ein bisserl mit dem Fahrwerk gespielt (Reaktionen getestet, nix eingestellt) und kann sagen, daß die Federn weich sich und die Dämpfung straff. Ich hab lieber ein harmonischeres Verhältnis zwischen Dämpfung und Federung. Entgegen der ursprünglichen Vermutung ist das Zusammenspiel zwischen Vorderhand und Hinterbock gut gelungen.
An der Tanke gingen ca 9.5 Liter rein, da war also schon was drinnen. Das Tanken ist auch so eine Sache, geht nicht so leicht wie bei der alten: Rüssel rein und laufen lassen. Man hat aber schnell heraus wie man die Pistole reinhält damit es nicht herausschwappt.
Verblüffend war, daß das Handling sich mit Blattl-vollem Tank nicht gravierend verschlechterte.
Ich würde schon dahinterkommen wie die das erreicht haben...
Beim ersten Berg beschleunigte ich durch auf 130 und bog oben auf meine Hausstrecke ab.
Die Schräglagenwechsel fallen sehr leicht und alles wirkt eigentlich gut abgestimmt. Bitte bedenkt das ist nicht meine Karre, nagelneu mit mittlerweile [1-2]xkm am Tacho, der Motor eingefahren werden wollte und ich die Mühle ja im Prinzip nicht kenne.
Fahrwerksmäßig kann ich also nicht die absolute Aussage treffen, weil Schwächen ja erst im Grenzbereich bzw bei Fahrfehlern offenbar werden, und beide trafen mich heute nicht.
Ich kann sicher sagen das ich den steifen Rahmen absolut nicht spüre. Wieder so eine Marketingwuchtel die anscheinend jeder komentarlos schluckt.
Das Rühren und Eiern der alten LC4 kommt nicht vom weichen Rahmen sondern von der Fahrwerksabstimmung.
Zum Motor sei gesagt, daß er einem dem alten LC4 diametral entgegengesetzten Charakter hat. Wo einem die Alte zum Tanz auffordert (ja, gibs mir härter!) bremst einem die andere (He Alter, mach mal halblang).
Des einen Segen, dem anderen ein graus.
Irgendwie fahre ich automatisch immer ziemlich untertourig, was ja dankenswerter Weise super gut geht, aber der Motor dankt es halt mit schlechter Beschleunigung.
Es ist irgendwie logisch: Wo nix ist, kann auch nichts kommen. Wenn man dann mal zackig vorwärtskommen will, dann ist dank der vielen Fahrstufen erhebliche Schaltarbeit angesagt.
Schlecht geht der Motor nicht, aber man merkt, daß da halt doch einige Nm und PS zu meiner getunten Duke2 fehlen.
Beim Zirkeln durch die Radien ist es mir dann auch aufgefallen was mir permanent im Hinterkopf deuchte: Ich bin ziemlich schräg in der Kurve unterwegs, eigentlich sollte ich das laut Tacho nicht sein... Das allgemeine Empfinden, daß man mit der 690er unauffällig schnell wäre kann ich nur bedingt teilen.
Vielmehr habe ich festgestellt, daß ich mir zwar schnell vorkomme, aber der Tacho sagt eigentlich was anderes. Wenn ich dann auf der Aussenbahn einer Kurve trotz niedrigerer Geschwindigkeit schräger drinnen liege als mit meiner auf der Innenbahn, dann hab ich was gelernt.
Der Schwerpunkt macht es aus, je niedriger der ist, desto besser die "flickability", im Gegenzug braucht man aber auch mehr Schräglage.
Bei den MotoGP-bikes dreht es sich schon lange nicht mehr um einen niedrigen Schwerpunkt, sondern nur mehr darum ob der dort ist wo er hingehört (der Clou ist herauszufinden wo der *wirklich* hingehört).
Was irgendwie cool ist, daß das Mopped ziemlich leise ist, da kannst ohne schlechtes Gewissen am Gas umdrehen.
Uncool ist, daß der Sound/Charakter mich ziemlich anzipft. Die Armaturen lassen sich entgegen meiner Erwartung hervorragend ablesen. Wohl ein verdienst des Montagewinkels und der relativ hohen (oder weit vorne?) Montageposition.
Den hässlichen Schnabel und Auspuff vergißt man schnell, um dann halt nach dem Absteigen das Auge wieder zu beleidigen. Für das Fahrerlebnis sind die wurscht (bis auf den Sound). Die Bremse ist auch super, markanter Druckpunkt und linear im Biss. Beim bisserl stärkeren Bremsen kam ich auf den Gedanken, daß man die Kante ja zum Abstützen nutzen könnte, aber dafür sind meine Beine zu lang und aufgrund der grippigen Sitzbank auch nicht nötig.
Am meisten sticht aber wie gesagt die "flickabilitiy" hervor, welche auch bei höherer Geschwindigkeit bleibt (=Indiz für leichte Räder), die Laufkultur ist super und auch sonst geht alles leicht von der Hand.
Dazu ist zu sagen, daß bei richtiger Technik auch mein Mopperl in Schräglage rein klappt wie der Blitz in den Boden und raus auch wieder. Es kommt auf das passende Zusammenspiel von Knieeinsatz, Gelenkigkeit im Kreuz gepaart mit dem richtigen Agieren am Lenker an.
Ev läßt sich da ergonomisch was verbessern, ein paar andere Sachen sind mir auch noch eingefallen.
Allem in allem macht sich meine modifizierte Duke2 bei allem Fortschritt erstunlich gut neben der Neuen. Den stärkeren Motor habe ich seit 2001 (oder wars 2002) das Fahrwerk seit 2005 und bis das Potential der Neuen das meiner Alten überflügelt sind wir in der nächsten Dekade.
Motorisch bringt man den Alten bei entsprechender Peripherie auf über 80PS standfest (je nach Pflege und Wartung, man muß natürlich wissen wer das zustande bringt) und da muß die Neue mal hinkommen und sich trotz Vorschusslorbeeren überhaupt erst mal beweisen. Bei der Dakar kriegen die Motoren jeden Tag einen Ölwechsel und je nach Risikoabwägung zur Halbzeit einen neuen Motor...
Finanziell gesehen fahre ich mit meiner 2000er bei Umsetzung der +80PS und einpflanzen der "flickability" ziemlich gleichwertig (+-1k€, trotz Carbon-Radsatz) mit dem Vorteil, das ich das ganze schon dieses Jahr haben könnte und nicht erst 201x.
Habe ich schon erwähnt, daß für mich eher die Duke3 als die SM in Frage käme?