Nachtrag nach 17.000 Fahrkilometern
mit der 790 Adventure R
1,5 Jahre und 17.000 km auf der Uhr:
Zeit für ein paar weitere Bemerkungen zu diesem Moped, die für die
ein oder andere, den ein oder anderen vielleicht nützlich sein
könnten.
Bitte bedenkt immer dabei: ich setze
das Motorrad aufgrund unpassenden Umfeldes nicht artgerecht ein. Sie
wird bislang nur auf öffentlichen Straßen bewegt, dies überwiegend
im Zweipersonen-Reisemodus. Hin und wieder natürlich auch solo.
Also…
Was haben wir bekommen, beim Kauf der
790er R?
- ein für seine Leistungsklasse (800
ccm, 100 PS) sehr leichtes Fahrzeug mit wunderbar tiefem Schwerpunkt
.
Das ändert sich aufgrund der Tankform
auch nach dem Volltanken nicht. Im Gegensatz zu kopflastigen
Maschinen, deren schlechte Eigenschaft durchs Volltanken noch
verstärkt wird, merkt man davon bei der 790er R nichts. Was man
merkt, ist in jedem Fall das geringere Gewicht (z.B. im Vergleich zur
990er oder einem Eisenhaufen a la BMW 1150 GS).
Dieses Moped lässt sich leicht aus
der Garage, oder problemlos auf einen Anhänger schieben (auch wenn
man nicht aussieht wie Arni). Man kann es auch einmal auf einem
schmalen Waldweg (ohne Försterwende) wenden, kann es allein wieder
auf die Räder stellen, wenn es notwendig ist. Ok, all das ist auch mit
schweren Geräten zu schaffen, auch ich bin fasziniert von Chris
Birch und anderen Könnern. Aber bei meiner 990er habe ich schon, mehr
als es meinen Knochen gut tat, wuchten müssen, um sie, flach
liegend, wieder aufrichten zu können.
- wenn man beim Reisen „hoch oben“
sitzen und über Autodächer, Vorgärtenzäune und Leitgeplänk
schauen möchte, ein tolles Reisemotorrad auch für zwei mit Gepäck
.
Das fängt beim Fahrwerk an und hört
bei der bzw. den Sitzbänken auf. Früher, also viel früher, bin ich
mit einer XT 500, später einer Suzuki DR 650 unterwegs gewesen.
Allein und zu zweien. Da habe ich von so etwas wie der 790 R
geträumt. In Foren, Videos etc. liest und hört man mitunter, die
Federelemente der R wären doch nicht der Weisheit letzter Schluss.
Das mag sein. In der Anfangszeit erschien mir die Gabel auch etwas
störrisch bzw. unsensibel zu sein. Mittlerweile habe ich sie etwas
in Richtung „weicher“ eingestellt und insgesamt ist alles etwas
geschmeidiger geworden. Kann man ja auf den ersten 1000 km auch nicht
erwarten. Für den harten Geländegänger ist vielleicht das
lieferbare Update „WP PRO“ die ultima ratio. Für mich ist das
Gelieferte optimal. Egal, ob ich allein oder mit „Sack und Pack“
unterwegs bin, mir taugt‘s in allen Lebenslagen.
Ebenfalls hervorragend: die Sitzbänke
bzw. deren Austauschbarkeit. Die Seriensitzbank war schon nicht
schlecht – auch bei unserer 990er haben wir fast 150.000 km auf
einem Sitzmöbel gesessen, ohne es jemals aufpolstern zu lassen oder
es zu ersetzen – aber die Möglichkeit, die Standardbank des tieferen Modells verwenden
zu können, ist schon für den Zweipersonenbetrieb klasse. So eine
Bank kann man ja häufig für angemessenes Geld im Kleinanzeigenmarkt
finden. Den Hunni habe ich sofort investiert und nie bereut. Die
Sozia ist ebenfalls glücklich.
-
ein Moped, für das es ausreichend Reisezubehör gibt
. Da ich auch
hin und wieder im Winter fahre, ist Wetterschutz und Wärme ein
Thema. Heizgriffe hatte ich von Anfang an. Über den verwendeten
Schalter ist wohl alles gesagt. Llewelyn
Sullivan-Pavey (Brake-Magazine)
meinte, er sähe aus, als stamme er von Alibaba
. Für die noch
älteren unter uns: gemeint ist nicht jener Ali Baba aus den
Erzählungen aus Tausend und einer Nacht, sondern die riesige
chinesische B2B-Plattform
.
Die
originale Scheibe wurde duch die hohe Tourenscheibe von Puig ersetzt:
hässlich und zu hoch
, um damit noch ernsthaft ins Gelände zu gehen,
aber bei meiner Größe von 181cm und
Straßenbetrieb optimal.
Auch die Sozia freut sich über nur noch geringe Windbelästigung.
Dazu
gab‘s Halterungen und Koffer von Bumot. Wenn man ein entsprechendes
Angebot (-10% oder mehr) abwartet, preiswert, sehr gut verarbeitet
und stabil. Der originale Tankrucksack erschien mir anfangs etwas
klein. Mittlerweile habe ich mich mit dem Ding mehr als angefreundet.
Der Schnellverschluss (dem ich anfangs auch nicht getraut habe) macht
einfach Spaß. Kein langes Gefummel beim Tanken etc.
Also:
so ausgestattet bietet das Gerät ausreichend Wind- und Wetterschutz
und genug Zuladungsmöglichkeiten. Ach ja, eine große
Gepäckträgerplatte hätte ich im Bedarfsfall auch noch.
-
ein wunderbar sparsames Motorrad
. Je
nach Außentemperatur, Fahrweise und Beladungszustand liegt
der Verbrauch
zwischen
4,2 und 5,6 Litern auf 100 km. Kürzlich habe ich eine spontane
680km-Runde gedreht. Solo und recht engergiert. An- und Abreise (gute
300 km) zwischen 140 und 180 km/h
auf der Dosenbahn, den Rest Landstraße ziemlich zügig.
Außentemperatur
um 30 Grad, Durchschnittsverbrauch 4,55 l. Wenn es kalt ist (10 oder
weniger Grade), dann ist das ein Liter mehr. Meine 990er genehmigte
sich bei derartiger Fahrweise immer mehr als 7 Liter. Konnten auch
schon einmal 8,5 sein. Jedenfalls hatte ich mit der 790er nach 400 km
an der Tanke noch 2l im Tank (sofern die 20l Volumenangabe stimmt).
Andere fahren da zum 2. Mal an die Säule.
- eine (bislang) zuverlässige
Maschine
: natürlich habe ich die ellenlangen Listen leidender
790er-Besitzer gelesen und regen Anteil genommen. Und natürlich
haben mich auch schon Ängste beschlichen, ob tropfender Simmerringe,
abreißender Rahmenbefestigungen oder einlaufender Nockenwellen
. Aber
bislang gibt‘s nichts „Großartiges“ zu berichten. Die erste
Batterie hat nach gut 2 Wochen den Geist aufgegeben und das Display
beschlug von Anfang an, so dass man nur noch die Geschwindigkeit
ablesen konnte (reicht doch, könnte man meinen). Wurde dann nach
langem Warten ausgetauscht. Das neue beschlägt bislang nur minimal.
Ab und zu hakt der Quickshifter etwas, sprich: es ruckt schon
ordentlich beim Gangwechsel. Ist für mich nicht ganz so tragisch, da
ich zu 95% mit Kupplung schalte – dem Material zu Liebe.
- einen Spielzeugkasten
. Oder 3 Mopeds
in einem, wie die Werbedichter es vermutlich ausdrücken würden.
Rain, Street, Rally, Gasannahme, Schlupf am Hinterrad, ABS vorne,
hinten, Kurve oder geradeaus, dazu ein teilweise konfigurierbares
Display (die Schrift lässt sich natürlich nicht vergrößern, was
für die künftige Rollatorengeneration nicht schlecht gewesen wäre:
„Kannst du deinen Tageskilometer auch nicht ablesen?“), alles
einzeln oder in Kombination verstell- und einstellbar. Dazu gibt‘s
dann noch Musik auf die Lauscher und Navigationpfeile auf‘s
Display… sofern inwandiges Kondensat und Schriftgröße ein Ablesen
überhaupt möglich machen.
Ich möchte hier keine
Grundsatzdiskussion lostreten, was Fahrzeugelektronik anbelangt. Ich
jedenfalls brauche so viel nicht. Ein gut funktionierendes ABS, voll
abschaltbar und/oder mit einem Offroad-Modus würde mir ausreichen.
Aber gut, ist ja nun einmal dabei – wäre für mich aber nicht DAS
Kaufargument.
- ein preiswertes Motorrad in seiner
Klasse, wenn man es denn zu einer günstigen Zeit (Winter) zu einem
guten Preis gekauft hat
. Ich hatte gut 12000,- € in Vollausstattung
(also mit Heizgriffen, Quickshifter, Tempomat, Hauptständer)
bezahlt. In etwa der Preis, der auch für die 990er zu zahlen war.
Ich habe keine Ahnung, wie sich die
Preisnachlässe beim Kauf einer Yamaha 700 Tenere gestalten. Damals
war da nicht viel drin. Bei ähnlicher Ausstattung, sofern überhaupt
erhältlich, wäre der Preisunterschied gar nicht mehr so groß
gewesen, wie man beim Vergleich der Listenpreise mutmaßen könnte.
Aber die Yamaha war damals eh schon aus dem Rennen...
Fortsetzung...