Ich wollte mal meine ersten Erfahrungen nach dem Umstieg von meiner geliebten Duke R auf eine Street Triple 765 RS schildern...
Warum der Wechsel?
Die Duke R war sicherlich das lustigste Motorrad das ich jemals hatte. Wild, ungestüm und für jedes Fahrmanöver zu haben. Nachdem das PP-Tuning-Kit montiert war, war auch die Euro-4-Kastration des Motors hinfort. Frühere und spontanere Leistungsentfaltung und deutlich mehr Punch waren der Lohn. Aber bei all meiner Begeisterung für die Duke R gibt es doch ein paar Dinge mit denen ich dann doch nicht ganz glücklich geworden bin:
- Als bekennender Spätbremsen bin ich mit der Bremse irgendwie nicht so gut klar gekommen (trotz anderer Scheiben und Beläge und mehrerer Einstellversuche beim Händler) - da fehlte mir einfach die Präzision und Leistung die ich von meinen Ducatis gewohnt war. Auf engen (Renn-)Strecken, z.B. bergische Kartbahn, musste ich gar mit ordentlich Fading kämpfen. Wahrscheinlich fehlt da wohl einfach 'ne 2-te Scheibe oder ich hab einfach 'ne miese Bremse erwischt oder ich kann nicht bremsen.
- Zum richtig flotten Fahren - ich bin ab und an mit sportlich bewegten 1000er Nakeds und Supersportlern unterwegs - fehlt dem Motor oben heraus doch etwas die Kraft um den Anschluss zu halten. Das muss man dann mit höherem Fahreinsatz wieder wett machen - das ist spaßig, aber auf Dauer auch recht anstrengend und ggf. riskant. Fürs Powercruisen im mittleren Bereich (zwischen 4.000 und 7.000) auf kleineren Landstrassen ist die Duke aber nach wie vor eine Macht. Braaap, Braaap und auf der Duke macht einfach tierisch Laune.
- Das Fahrwerk der Duke R ist eigentlich sehr gut, die Geometrie extrem handlich und in Spitzkehren-Innenseite war ich immer der König - aber auch nur dort. Bei höheren Geschwindigkeiten habe ich über den (eigentlich gar nicht so) breiten Lenker einfach zu viel Unruhe ins Fahrwerk gebracht. Sie ganz locker an die Hand zu nehmen gelang mir auf Grund der aufrechten Sitzposition nicht wirklich, dazu muss man sich schon weit nach vorne lehnen und/oder sich mit den Knien im Tankpad (eine echte Empfehlung für die Duke) festkrallen. Ich fahre am liebsten im leichten Hanging-Off.
- Auch zum gemütlichen Dahingleiten (mein bester Freud fährt einen SH300i Roller) fehlt dem Motor aber dann auch schon wieder ein ausreichend breiter Wohlfühlbereich im Drehzahlband. man muss doch permanent schalten um relaxt unterwegs zu sein. Mit 80km/h auf der Landstrasse im 6-ten Gang ... undenkbar. Und auf der Autobahn macht das Fahren schon gar keinen Spaß, da gehört die Duke definitiv nicht hin (Tierquälerei) ... zumindest ohne ein Windschild.
- Und dann ist da noch meine Königsdisziplin: der Weg zur Arbeit mit Stop and Go, City, Landstrasse und einer kurz Autobahn-Einlage. Da ist die Duke eigentlich toll, will aber aktiv und aufmerksam gefahren werden. Nachlässigkeiten werden bestraft.
Also hab ich mir gedacht: Prüfe wer sich ewig bindet, ob sich nicht was besseres findet. Zumal ich kein Markenfetischist bin.
Ich bin dann ganz unterschiedliche Mopeds Probe gefahren. Unter anderem auch eine SuperDuke R und die S1000R, weil ich dachte, dass ist genau das, was ich suche bzw. brauche. Diese Mopeds sind zwar wirklich gut, aber mir sind sie dann doch etwas zu träge gegenüber der Duke. Auch wenn der Druck bei beiden bombastisch ist, auch die Leistung war für mich im realen Leben (Landstraße) nicht wirklich abrufbar. Auf dem Weg zur Arbeit vielen die beiden Powerbikes dann final durch - dafür sind sie wohl auch nicht gemacht/gedacht. Eine MT09 bin u.a. auch gefahren, geilster Motor, aber der Rest hat mich nicht angemacht.
Als dann die erste Infos und Fahrberichte zur neuen Street Triple 765 RS rauskamen dachte ich: Das könnte doch was sein!?! Also hab ich dummerweise eine Probefahrt mit dem Vorgänger, der Street Triple 675 Rx gemacht. Hab mir gedacht, dass die RS da sicherlich noch eins drauf legt und - zack - hab ich mir blind eine 765RS bestellt. Das hab ich dann während des Wartens auf neue Moped ein paar mal bereut und mir gedacht: "Du Idot, verkaufst deine geniale Duke R und kaufst Dir eine mir rundgelutschtes 3-Zyl. Moped. Hoffentlich bereust Du das nicht" Eigentlich wollte ich mich in Geduld üben und auf die neue Duke 790 R warten. Naja, die kann ich mir ja immer noch kaufen...
Wie fährt sich nun die Street Triple 765 RS?
Die RS ist nun seid letzter Woche eingefahren (1600km Zurückhaltung fordert Triumph vom Fahrer). Gestern habe ich dann die ersten uneingeschränkten über 400km im Sauerland hinter mich bringen dürfen: 0km Autobahn, ganz wenig Bundesstraße, nur kleine und kleinste Landstraßen. Also Duke Revier...
Und was soll ich sagen, die RS ist genau das, wonach ich gesucht habe und legt - für mein Empfinden - in fast jeder Hinsicht eine Schippe auf die Duke R drauf:
- Handlichkeit - da hatte ich befürchtet, dass die RS ein Rückschritt gegenüber der Duke ist. Das ist aber nur auf der Innenseite einer Spitzkehre der Fall, schon auf der Außenseite (also engen Kurven) tun sich beide eigentlich nichts. Auch die Korrektur der Linie in beliebiger Schräglage ist mit der RS kein Problem. Ab höheren Geschwindigkeiten ist die TS - gefühlt - sogar noch handlicher als die Duke.
- Bremse - die ist bei der RS vom anderen Stern. Glasklarer Druckpunkt, brachiale Wirkung bei eher geringer Handkraft, wirklich unfassbar gut - aber nix für Schreckbremser. Wer's es nicht glaubt, bitte probefahren...
- Fahrwerk - sehr feines Ansprechverhalten, spürbar smoother/komfortabler als die Duke, dabei aber doch deutlich sportlicher und eine Transparenz die ich bisher so nur von Supersportlern kannte (FB, R6, 916). In Kurven bock stabil, beim Beschleunigen bleibt sie auch exakt auf der Linie und geht nicht weit, das war am Anfang etwas ungewohnt macht einen aber durch den Grip richtig schnell am Kurvenausgang. Flickenteppich-Asphalt? Auch das geht genauso gut (oder schlecht) wie mit der Duke.
- Grip - ob das jetzt vom Fahrwerk oder vom Reifen (SuperCorsa SP) oder von beidem kommt kann ich noch nicht beurteilen, aber der ist irre. Da muss ich mich erst langsam heran wagen. Ein ganz anderes Niveau/Verhalten als die Duke. Im Sommer gehts auf die Rennstrecke, mal sehen was da geht...
- Motor > City and Crusing - Hier liegt der für mich erfahrbarste Unterschied zur Duke. Der 3-Zyl ist wirklich erstaunlich kultiviert: Mit Standgas im 2.Gang im Stau rollen (=15 km/h)? Mit 25 km/h im 3. Gang fahren oder mit 50 km/h im 6.Gang in der City und Gas voll aufreißen oder einen Berg hoch fahren? Alles kein Problem, sogar im Gegenteil das funktioniert richtig, richtig gut. Genauso gut kann man aber auch nur im 1. Gang durch die Stadt fahren, das ist zwar Quälerei, da aber der Motor nochmals deutlich sanfter ans Gas geht als die Duke ist das sogar stressfreier als mit der Duke im 2.ten Gang. Der erste geht bis ca. 100km/h.
- Motor > Power Cruising - Hier hatte ich echte Bedenken ob ich den Punch der Duke nicht vermissen werde. Aber nix. Man muss zwar ca. 500/min mehr einplanen (Duke 5 ab 4.000 = RS ab 4.500) aber dann geht sie so gut wie meine Duke. Nur ist die RS deutlich linearer in der Leistungsentfaltung = für mich besser kontrollierbarer. Das schafft Vertrauen und macht mich gefühlt schneller. Bei 7.500/min liefert die RS dann in etwas soviel Leistung wie meine offene Duke. Also da geht schon richtig was... insb. auch dank Quickshifter.
- Motor > High Revs - ab 8.000/min geht es dann auf der RS so richtig ab ... bis 12.000/min. Wobei man meist schon bei 10.000/min wieder hochschaltet da das Getriebe ab dem 3. Gang sehr eng abgestuft ist und man immer optimalen Anschluss findet. Im Bereich ab 10.000/min ist dann richtig Feuer unter Dach, für die Landstraße schon wieder zuviel. Diesen Modus hat die Duke leider nicht im Angebot.
- Getriebe - Hier ist die RS im Vergleich zur KTM deutlich besser, fast optimal. False-Neutrals? Erster Gang geht nicht rein, Leerlauf zw. 4 5 oder 6? All das kennt die RS nicht. Und der 6. Gang ist ein echter Fahrgang, während er auf der Duke eigentlich wenig Sinn macht. Zudem ist die Kupplung der RS nochmals leichtgängiger als die Top-Kupplung der Duke.
- Elektronik - Keine Ahnung! Ich bewege die RS im Sport-Modus und habe weder das (vordere) ABS noch die TC bisher ans Arbeiten bekommen. Das muss ich noch ausloten. Die Duke 5 R fährt da doch deutlich gebremster durchs Land. Insb. das ABS der Duke funktioniert eigentlich nur mit "MC/TC off" und "SuperMoto ABS" so man sich das wünschen würde = unauffällig. Allerdings fehlt mir auf der RS das kurvenabhängige ABS der Duke, das hat 2x ganz hervorragend funktioniert.
- Sound - Das ist sicherlich eine Geschmacksfrage, aber eine Standard Duke klingt sehr nach einer Honda, also "bewußt" gar nicht. Mit dem PP-Tuning-Kit klingt sie dann aber doch sehr sehr geil, der Luftfilter macht hier die Musik. Allerdings ist die Duke damit doch deutlich zu laut wenn man richtig ans Gas geht. Das gleiche denkt man sich auch wenn man auf einer serienmäßigen RS ertsmalig richtig am Gashahn dreht. Unfassbar das das Euro-4-konform sein soll. Der Trick dabei ist, dass der Luftfilterkasten primär nur den Fahrer über den Lenkkopf anbrüllt und das Motortrad von der Seite wesentlich zahmer klingt - clever gelöst. Bisher vermisse ich da soundtechnisch nix.
Fazit: Die Duke R ist gut, die RS für mich ein gutes Stück besser.
Ich hoffe die Duke-Fans können mir dieses Urteil verzeihen... ich bin ja selber einer.