LC4 Räder in der 690er

  • Als meine Enduro noch neu war, fand ich es viel zu schade, mit den schwarzen Felgen durch Schotter und Geröll zu fahren. Außerdem lagen in der Garage noch 2 Räder aus meiner 640 LC4. Also begann ich, mal genauer zu prüfen und nachzumessen, ob diese Räder nicht doch in die 690er passen.
    Und: Es geht! :winke: :grins:
    Interessant wird diese Lösung als Zweit-Radsatz auch deshalb, weil die älteren Räder aus LC4/EXC/SX gebraucht wesentlich günstiger angeboten werden.


    Unterschiede


    Auf den ersten Blick erscheinen die Räder aus den älteren LC4 Modellen vollkommen inkompatibel zur 690er. Die Hinterrad-Achse hat nur 20 mm (bei der 690er 25 mm) und die Nabe ist auch um einiges schmäler. Aber so unähnlich sind die Räder gar nicht. In der Hinterradnabe stecken die gleichen Kugellager, Lochkreis und Teilung für die Bremsscheibe sind gleich und sogar die Aufnahme für den Kettenradträger ist identisch.


    Vorderrad


    LC4Rad-01.jpg


    Am problemlosesten erweist sich das Vorderrad. Nahezu jedes KTM Rad (vermutlich auch Husaberg) mit 26 mm Achse und einseitiger Bremsscheibe passt in die 690 Enduro. Mein Vorderrad z.B. stammt aus einer 125 SX. Lediglich die 260 mm Bremsscheibe musste gegen eine 300er getauscht werden.


    Ein Vorderrad mit einer 20 mm Achse könnte in der 690 Enduro zusammen mit dem Achsreduzierkit 20/26 auch passen - hab ich nicht getestet. Von einem Rad mit 17 mm Achse rate ich ab, weil bei dem Größenunterschied die Achse nicht mehr richtig in den Gabelfäusten geklemmt wird.


    In der SMC wird das Achsreduzierkit nicht funktionieren, weil in der breiteren Gabel die Steckachse des Reduzierkits zu kurz ist.


    Umrüstung des Hinterrades


    Damit das Hinterrad in die 690er passt, muß zuerst mal der Achsdurchmesser von 20 mm auf 25 mm umgerüstet werden. Mein Rad war ein ruckgedämpftes aus einer LC4. Ob dieser Umbau auch bei einer ungedämpften Nabe aus EXC o.ä. funktioniert, kann ich nicht sagen


    LC4Rad-02.jpg


    Auf der Bremsscheibenseite muß die Distanzbuchse und der darunterliegende Wellendichtring entfernt werden. Bei der Gelegenheit bietet sich auch gleich der Tausch des Radlagers (Rillenkugellager 6205-2RSH/C3) an.


    LC4Rad-03.jpg


    Anstelle des alten Wellendichtrings wird ein neuer in der Dimension 30x52x7 (KTM Teile Nr. 0760305271) eingepresst.


    LC4Rad-04.jpg


    In den neuen Wellendichring wird die Distanzbuchse aus der 690er (KTM Teile Nr. 60110013000) gesteckt. Diese Buchse kann man auch vom originalen Radsatz herausziehen, steckt nur lose drin.


    LC4Rad-05.jpg


    Auf der Seite des Ruckdämpfers muß ebenso die Distanzbuchse aus dem Kugellager gepreßt werden und auch hier bietet sich der Tausch des Radlagers an.


    LC4Rad-06.jpg


    In den so veränderten Ruckdämpfer wird der Kettenradträger der 690er gesteckt. Der Kettenradträger der LC4 kann nicht verwendet werden.


    Damit hat das Hinterrad schon mal den passenden Achsdurchmesser. Jetzt muß nur noch die fehlende Breite mit Distanzringen ausgeglichen werden. Wichtig ist dabei v.a. auch, daß das Kettenrad an der gleichen Stelle sitzt, sonst würde die Kette frühzeitig verschleißen. Je nachdem, auf welcher Seite man die Distanzringe einfügt, sind 2 verschiedene Lösungen möglich. Aber das folgt dann im 2. Teil meines Beitrags.



    :Daumen hoch:

    Sprüht der Lenker Funken, bist du zu tief unten

  • Im ersten Teil hatte ich beschrieben, wie man das Hinterrad auf 25 mm Achse umrüsten kann. Hier folgt nun die Anpassung an die Breite der 690er Schwinge. Grundsätzlich gibt es da 2 Lösungsmöglichkeiten: Distanzring rechts oder Distanzring links.


    Variante I mit 2 Distanzringen


    2Ring.jpg


    Bei dieser Variante sitzt das Rad ganz links in der Schwinge. Damit passt schon mal die Kettenflucht.
    Vorteil dieser Lösung: Die Drehteile sind relativ einfach und man kann den Kettenradträger der Originalräder übernehmen.


    LC4Rad-08.jpg


    Unter die Bremsscheibe kommt ein Distanzring mit 12,7 mm damit der Bremssattel wieder mittig sitzt. Die Bremsscheibe muß auch getauscht werden. Bei der LC4 hatte sie noch 220 mm, bei der 690 sind es nun 240 mm.
    Zwischen Distanzbuchse und Schwinge kommt ein Distanzring mit 7,7 mm. Man kann sich auch Distanzbuchse und Ring als einziges Stück drehen (lassen). Dann hat man weniger Fummelei bei Radein- und -ausbau.


    LC4Rad-09.jpg


    Und so sieht das Ganze in eingebauten Zustand aus.


    LC4Rad-10.jpg


    Letztendlich sitzt das Rad ca. 7 - 10 mm außermittig (kann man mit Hausmitteln nicht so richtig gut messen). Von hinten betrachtet kann man den Spurversatz aber durchaus erkennen. Im Schotter ist das absolut unerheblich und nicht zu spüren. Auf der Straße kann man u.U. ein unterschiedliches Einlenkverhalten zwischen Rechts- und Linkskurven spüren.


    Eine Zeichnung zu den 2 Distanzringen gibt es hier LC4-Rad-Adapter 1.pdf


    Variante II mit 3 Distanzringen


    3Ring.jpg


    Hier sitzt das Rad ganz rechts in der Schwinge. Damit die Kettenflucht stimmt, muß unter dem Kettenrad auch ein Distanzring montiert werden. Wenn man dazu nicht bei jedem Radwechsel das Kettenrad ummontieren will, kommt man um einen zweiten Kettenradträger fast nicht drum rum.
    Der groß Vorteil bei dieser Variante: man hat nahezu keinen Spurversatz.


    LC4Rad-12.jpg


    Zwischen Kettenrad und Kettenradträger (von der 690er, KTM Teile Nr. 75010050044) wird ein Distanzring mit 7,7 mm montiert. Und weil man die längeren M8x35 Senkkopfschrauben kaum im Baumarkt bekommt, bestellt man sie besser auch direkt bei KTM: 6x Teile# 0019080356.
    Auf die Achse kommt auf der linken Seite ebenso ein Zwischenring mit 7,7 mm.


    LC4Rad-11.jpg


    Zwischen Nabe und Bremsscheibe kommt ein Zwischenring mit 5 mm. Evtl. kann man dafür sogar den Distanzring 58410061000 aus dem KTM Regal hernehmen. Der hat zwar 6mm, aber soviel müßte der schwimmende Bremssattel ausgleichen. Als Neuteil ist dieser Ring von KTM aber schon wieder so teuer, daß es uninteressant wird.
    Die Bremsscheibe selbst muß auch gegen eine mit 240 mm getauscht werden.


    Eine Zeichnung zu den 3 Distanzringen gibt es hier LC4-Rad-Adapter 2.pdf


    Fazit


    Mit diesen Modifikationen ist es möglich, sehr kostengünstig mit gebrauchten Rädern einen zweiten Radsatz für die 690er zusammen zu stellen. Bei überwiegenden Starßeneinsatz, z.B. mit 17" SuMo Rädern ist wegen des geringeren Spurversatzes die Variante 2 ratsam.


    Auch wenn sich diese Beschreibung auf die 690 Enduro bezieht, sollte sich das auch auf 17" Räder aus der LC4 640 SM in die 690 SMC übertragen lassen. Allerdings muß da noch im Vorderrad wegen der breiteren Gabel der SMC die Distanzbuchsen und der Bremsscheiben-Distanzring der SMC montiert werden. Nur ein 21" Enduro-Rad macht in der SMC Probleme, aber das ist ein anderes Thema.


    Die 690E verwendet im Vorderrad eine breitere Felge (1,85 x 21) gegenüber den älteren Enduros (1,6 x 21), obwohl die Reifengröße wieder gleich ist (90/90-21). Will man legal auf der Straße unterwegs sein, ist ein Eintrag der Felgengröße mit aufwändiger TÜV Einzelabnahme erforderlich.


    Ich hoffe, daß der eine oder andere mit meiner Beschreibung was anfangen kann. Hätte ich das alles schon vor einem Jahr gewußt, wär mir mein SuMo Radsatz um einiges billiger gekommen.
    Eine Bitte: macht mich nicht gleich fertig, weil meine Zeichnungen nicht DIN-Normgerecht sind, oder Oberflächenangaben fehlen. Das letzte Mal, als ich mit sowas zu tun hatte, stand die Mauer noch.


    Werner

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    Einmal editiert, zuletzt von masterreset ()

  • Solche Beiträge braucht ein Forum :Daumen hoch:
    Es wäre schön wenn die Moderatoren solche Informationen in einem seperatem Thread festhalten der nicht von den Felgenbanddekorierern
    zugemüllt wird.

  • Solche Beiträge braucht ein Forum :Daumen hoch:


    Es wäre schön wenn die Moderatoren solche Informationen in einem seperatem Thread festhalten der nicht von den Felgenbanddekorierern


    zugemüllt wird.


    dem schließe ich mich an!
    Klasse Bericht. Danke! :respekt:

    ... at least you can use colored charts to mask the lack of information ...

  • ich würde sogar sagen das der moderator den fread extra macht und evtl schreib rechte darauf vergibt wer zu diesen thema was schreiben darf und wer nicht sodass dieser fread einfach nur ein technischer fread zum nachlesen bleibt und nicht mit sonst wievielen antworten zugemüllt wird....und evtl das nur ausgewählte leute den fread erweitern können also immer mehr angaben und sowas hinzufügen können sozusagen ein sammel fread an allem nützlichen zu diesen einen thema


    und falls jemand zu diesen thema fragen hat kann er sie ja an den freadersteller per pn posten und falls diese frage öfters auftaucht oder wichtig ist kann man sie ja in den fread veröffentlichen und dazu gleich die antwort zuschreiben um solche fragen gleich einmalig zu beantworten für alle...


    lg robby

  • Ja, kenn ich schon. Leider schreibt RR-Products aber nix zum Vorderrad und wie die Distanzbuchsen und Wellendichtring des HR umgerüstet werden. Und wenn man jemand mit ner Drehbank kennt, bekommt man die Distanzringe für 2 :prost: . Dafür hab ich die Zeichnungen gemacht.


    Die RR Lösung entspricht wohl der Variante I mit den beschriebenen Nachteil des Spurversatzes. Die m.E. bessere Lösung ist die Variante II, v.a. bei Straßeneinsatz.

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  • Echt klasse Anleitung.
    Funktioniert diese Variante mit den LC4 Felgen wenn man ABS verbaut hat ?
    Ich habe eine supermoto mit ABS. Suche für eine Aktion die einmal am Jahr ist einen Enduroradsatz und möchte meine supermoto umbauen für diesen Zweck. Soll halt günstig sein, weil es nur einmal im Jahr ist. Ob es jetzt TÜV konform ist, ist egal weil es nicht auf öffentlichen Straßen geht.

  • Diese Anleitung bezieht sich auf die Enduro. Bei der SMC(R) ist noch etwas mehr Aufwand mit dem Vorderrad nötig. Mit der Suchfunktion solltest Einiges dazu finden.


    Das Ganze sollte auch mit ABS funktionieren, wenn Du die ABS Sensorringe mit anbaust. Vermutlich brauchst auch die Bremsscheiben vom ABS Modell. Bei den nicht-ABS Bremsscheiben passen die Schrauben-Senkungen nicht für den Sensorring.


    Im Prinzip kannst die ABS-Ringe auch weglassen. Dann blinkt Dich halt die ABS Leuchte an - na und. Im Gelände kannst das ABS eh ned gebrauchen. Allerdings wird dann der Tacho auch nicht mehr funktionieren - der bekommt sein Tachosignal vom ABS.

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  • Ich hab mir mal die ungedämpften Räder im Teilekatalog näher angesehen. Im Prinzip sollte der Umbau des ungedämpften Rades ähnlich möglich sein. Die Distanzbuchsen in der Nabe werden entfernt, die Innenringe der 6005 Lager sitzen dann direkt auf der Achse. Beiderseits ist dann eine neue Distanzbuchse, ähnlich wie die der 690er auf der Bremsscheibenseite nötig. U.U. sind auch die beiden Wellendichtringe 32x47x7 gegen neue 30x47x7 zu ersetzen. Die exakten Maße der Distanzbuchsen und -ringe musst Du allerdings selbst ermitteln.


    Aber: die 690er zerrt gewaltig am Hinterrad. Bei losem Untergrund ist eine ungedämpfte Nabe durchaus in Ordnung, da hat das Rad auch etwas Schlupf. Bei Straßeneinsatz rate ich allerdings vom ungedämpften Rad ab. Hier können durch die ungleichförmige Krafteinleitung derart hohe Spannungsspitzen entstehen, dass Risse in der Nabe entstehen (selbst schon gesehen an einem ungedämpften Rad in einer 640er).

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