EDIT JUSTMOD 11.6.2016: Verschoben in den allgemeinen Technik-Talk
Als ich berufsbedingt im letzten Jahr von meiner heißgeliebten 990 SMR auf die 1190 Adventure umgestiegen bin, war ich anfangs ein bisschen unglücklich mit der hohen Sitzposition, mit dem enormen Gewicht und, vor allem, dem weniger knackigen Fahrwerk und Fahrgefühl. Gefühlt ungefähr der Unterschied zwischen einem SUV und einer sportlichen Limousine.
Nun kommt die GT in die Läden und scheint auf den ersten Blick den perfekten Kompromiss aus knackigem V2-Hobel und Reisedampfer zu bieten. Ich habe die GT nun gefahren, hier meine Eindrücke:
Das erste, was beim Aufsitzen auffällt, ist die perfekte Sitzposition: leicht nach vorn, lässig-entspannt und sehr bequem. Die Sitzbank allerdings fühlte sich im Vergleich zu meiner (Touratech) Bank auf der Ad ein bisschen eckig und straffer, aber nicht unbequem an. Bei der Ad musste ich den Lenker schon sehr weit nach vorn drehen, um ähnlich angenehm und fahraktiv sitzen zu können. Auch der etwas engere Kniewinkel trifft perfekt meine Vorstellung vom bequemen, aber auch enspannten Fahren, auf der Ad ist er mir einen Tick zu offen.
Schon beim Anlassen im Stand fällt sofort der absolut perfekte Sound auf. Das bleibt auch beim Fahren so: tief, sonor und satt bollert sie aus dem Dämpfer und der Airbox, ohne je wirklich aufdringlich zu werden. Kein Vergleich mit dem müden Gepröttel eine serienmäßigen Ad, aber, zumindest bei Vollgas, auch nicht so krawallig wie mein Exan. Das nächste, was beim Fahren auffällt, ist diese perfekte Bremse: Ein Finger genügt, um sehr heftig zu verzögern, dagegen fühlt sich die auch schon gute Bremse der Ad fast etwas stumpf an. Vielleicht wird dieser Eindruck auch vom fehlenden Wegtauchen des Lenkkopfes unterstützt, das ist schon ziemlich gewöhnungsbedürftig.
Insbesondere im Zusammenspiel mit den deutlich kleineren Federwegen fehlte mir im Komfort und Street-Modus das Gefühl für die Bremsleistung und den Grip am Vorderrad - das habe ich schon an diesen Telelever-BMWs gehasst und mich auch nie richtig dran gewöhnen können. Hinzu kommt leider auch ein vergleichsweise bescheidener Federungskomfort. Mit 125mm Federweg vorn und 154 hinten ist man gegenüber der Ad mit 190/190mm auf schlechten Straßen deutlich unkomfortabler unterwegs, daran ändert auch die Komfort-Einstellung nichts Wesentliches. Richtig blöd finde ich aber, dass nur im sehr straffen Sport-Modus die Front beim Bremsen normal wegtaucht und sich ein vertrautes Gefühl für's Vorderrad einstellt. So, wie es zur Zeit implementiert ist, hat man die Wahl zwischen Pest und Cholera: Entweder gefühllos bremsen oder sich auf schlechten Straßen übel durchschütteln lassen.
Jetzt aber Schluss mit der Meckerei. Der ganze Rest ist schlicht phänomenal. Der Motor zeigt im Vergleich zur 1190 noch einmal geringfügig mehr Druck und Punch aus dem Keller als die ohnehin schon satt übermotorisierte Ad. Das ist allerdings absolut nicht kriegsentscheidend, denn die sub- und objektiven Fahrleistungen sind auf beiden Moppeds zumindest auf der Landstraße weit jenseits von gut und böse. Der 1290-Motor der GT vibriert allerdings etwas stärker - nicht störend, aber im Vergleich zur meiner sehr smooth laufenden 1190 durchaus auffallend. Der Quickshifter: ganz nett, aber danke, meine linke Hand ist noch ganz gut in Schuss und auf der Landstraße helfen ein paar Milliskunden kürzere Schaltpausen auch niemandem weiter. Tempomat: Zum gleichmäßigen Herumrollen ist die GT ganz klar das falsche Mopped, aber auch auf der Ad kann ich prima darauf verzichten.
Das Allerbeste zum Schluss, die erstaunliche Handlichkeit. Das ganze Ding wirkt, vom Rangieren und Aufsitzen, Rumstehen an Ampeln, über das Einlenken bis hin zum tiefen Abwinkeln in den Kurven fast wie die kleine 125er Duke meiner Kinder, kein Vergleich mit der etwas bräsigen Behäbigkeit meiner Ad. Auch Korrekturen in großer Schräglage nimmt der Apparat willig und direkt auf und bleibt immer extrem sauber auf der Linie. Außer man bremst, dann stellt er sich etwas deutlicher auf - kein Wunder bei der breiten Bereifung. Wechselkurven sind ein wahre Freude, das Ding feuert präzise um die Ecken, ohne dieses gewisse Eigenleben, das die Ad bei verschärfter Gangart so gerne zeigt. Das Ganze ist deshalb so frappierend, weil die GT halt nicht leichter ist als die Ad. Am Ende wiegen beide Moppeds fast gleich viel, nur dass man die weit über 200kg auf der Ad immer, auf der GT aber nie spürt. Chapeau! - Da hat jemand seine Hausaufgaben gemacht.
Kurzum: Wenn jetzt noch die Koffer genug Platz für meine beruflichen Zwecke bieten (und der Preis stimmt), könnte ich schwach werden. Schaunwama ...
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