Hi there,
Ich möchte diesen Thread, so wie den, den ich bei den 690ern gestartet habe, "Tuning-Küche" nennen, weil ich ihn als offene Plattform sehe, auf der effiziente Tuning-Rezepte erarbeitet werden sollen, welche wirklich und spürbar die Performance der RC8 steigern sollen.
Zuvor möchte ich dem KTM-Joe an diesem Ort dafür danken, daß er sein gutes Stück zu mir auf den Prüfstand gebracht hat. Ohne seinem Enthusiasmus gäbe es nichts, was zu berichten wäre.
In dieser RC8-Tuning-Küche soll es keinen Chef-Koch geben, sondern jeder Tuner, jeder, der die "Performance" sucht, ist eingeladen, seinen Betrag zu leisten - "max. Performance" ist ein großes Wort.
Ich für mein Teil mache hier nur den Anfang mit dem, was ich auf Joe´s RC8 "gesehen" habe. Es ist hier nur mein subjektiver Erfahrungsbericht und ein kurzer Abriß einer Analyse, wo man bei der R8 den Hebel ansetzen sollte, um das eine oder andere zusätzliche PS und Nm bei Vollgas, aber auch um die Response und den Durchzug bei Teillast zu verbessern.
In meiner persönlichen Tuning-Küche bin ich schon soweit der "maitre", als daß ich nicht darauf warten muß, daß mir ein Anderer ein Rezept liefert, normalerweise kriege ich das mit meinen "Zutaten" und Gerätschaften schon ganz gut hin. Mit den Analyse-Werkzeugen, die mir zur Verfügung stehen, muß ich kein Bike stundenlang auf dem Prüfstand quälen. Die längste Zeit des Entwicklungsprozesses braucht das Nachdenken, dann werden ein/zwei Mods gesetzt, als Abschluß die finale Abstimmung - fertig.
Das sei hier nur eingestreut, keiner braucht Angst zu haben, wenn sein - und das ist immer das "liebste" - Bike" das "erste" ist auf meinem Prüfstand.
Was die RC8 angeht, so will ich zugeben, daß hier der Fall nicht so einfach liegt. Bei diesem Motorrad ist nämlich - scheint so was wie ein Markenzeichen vom KTM-Hausdesigner Kiska zu sein - das alte (Bauhaus-)Design-Prinzip "die Form folgt aus der Funktion" auf den Kopf gestellt, was den Luftilterkasten und der Auspuff angeht als essentielle Komponenten der Motor-Peripherie. Vom Standpunkt der Motortechnik her ist deren Design alles andere als wünschenswert.
Meine erste und unmittelbare Kontaktaufnahme mit der RC8 auf dem Prüfstand - schön, Joe, daß Du Dir die Zeit genommen hast, dabei zu sein -, hat mich bis in den Schlaf verfolgt. Denn die RC8 ist ein absolut faszinierendes Eisen:
Meine Wiener "Wirkungs"-Stätte, in der ich meinen Prüfstand aufgestellt habe, ist eine Werkstatt mit einem Charme und optischen Auftritt, der den bekannten lichtdurchfluteten Chrompalästen diametral entgegen gesetzt ist. Statt mit dem Verkauf von Neu-Motorrädern beschäftigt man sich da mit Klassikern wie alten Engländern und hält sonstige klassiche Bikes wie eine Kawasaki Z900/1000 frisch und lebendig, z.B. dadurch, daß sie eine zeitgemäßen Upsidedown-Gabel implantieren, um auch technisch auf dem Standard zu sein.hnlich steht man in dieser Runde neuen Motorrädern, die noch keine Aufnahme in die Motorradgeschichte gefunden haben, stehen diese Jungs eher skeptisch gegenüber. Die RC8 aber faszinierte jeden. Das Bike sieht nicht aus wie der erste Vertreter einer neuen Gattung von Motorrad, wahrscheinlich ist es dies auch.
Zurück von der ästhetischen zur technischen Seite der RC8: Nirgendwo gibt es so ein schlankes Heck, der Preis dafür ist der Underfloor-Schalldämpfer. Mit dieser zentralen Position unter dem Motor handelt man sich aber das Problem ein, wie man wirksame und hinreichend lange Krümmerlängen realisieren will, um dem Motor zu einem vernünftigen Drehmoment zu verhelfen.
KTM löst dieses Problem mit dem Serien-Auspuff wirklich clever - diese Anordnung ist so ziemlich die beste, die man für diese Dämpfer-Anirdnung finden kann: Jeder der zwei RC8-Zylinder mündet über ein kurzes Krümmerrohr direkt im Expansionsvolumen des Dämpfers, wobei diese zwei Krümmer,ihrerseits über langes, mutig langes, Interferenzrohr unteienander verbunden werden, das parallel zum eigentlichen Dämpfer verläuft..
Dieses Interferenzrohr, das die beiden Zylinder zusammenschließt, arbeitet dabei als Vedrlängerung der wirksame Auspufflänge für jeden Zylinder, wobei sich der Gasfluß in ihm taktweise umdreht, je nach dem ob der vordere oder hintere Zylinder "dran" ist. Wie so manches andere auch an der RC8 ist auch diese Rohr quasi multi-funktional.
Klingt mutig, ist auch mutig, geht sich aber aus in der Zündfolge eines V2.
Dieser Auspuff ist in seiner Wirkungs- und Funktionsweise so neu, wie das übrige RC8-Design-Konzept auch. Von daher verstehe ich schon recht gut, daß die Aftermarket-Auspuffhersteller etwas am Schnaufen sind: Mit konventionellen Lösungen und einem schlichten Slip On wird es nicht getan sein.
Und schaut man sich den Acrapovic-Entwurf an, weiß man, warum es diesen Auspuff nicht mit Straßenzulassung gibt: der funktioniert mit seine extrem unterschiedlichen Krümmerlängen nur - wenn überhaupt - komplett offen.
Ich denke, für das Ertse ist man gut beraten, den Auspuff erst einmal serienmäßig zu lassen.
Was das andere Ende des Motor angeht, so sieht die Situation anders aus. Im Ansaugbereich, der Airbox und drum herum, warten einige Pferdchen darauf, die auf die Koppel hinausgeführt zu werden.
Die erste Leistungskurve hier zeigt einen All-Gears-Run, bei dem auf der Prüfstands-rolle von zweiten weg bis in den höchsten Gang am "Roten" durchgeschaltet wird. man sieht, alle Kurven liegen auf einem Level, keine Spur einer Drosselung im 2. und 3. Gang.
Die nächsten beiden Kurven zeigen Leistung und Drehmoment der RC8, serienmäßig im Vergleich zu einer Messung, bei welcher der Deckel der Airbox als einzige Modifikation herunter geschraubt. Sieht so aus, als steht der Motor auf mehr Luft.
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In der Spitzenleistung tut sich da (noch) nicht recht viel. Die simple Maßnahme produziert aber ohne weitere Zutat einen deutlichen Zuwachs im unteren und mittleren Drehzahlbereich. Endlich sieht man die 1200ccm der RC8 auch im Spitzen-Drehmoment.
Dieses Pic zeigt eine Daten-Aufzeichnung der RC8 unter Vollgas. Es ist eine Aufnahme während des "starken" Runs ohne Airbox-Deckel auf dem Prüfstand. Für diese Datenerfassung "hängt" die RC8 gleichsam am "EKG" meines Kastls, das die Größen an einen Laptop übermittelt, in dem sie dann gespeichert und ausgewertet werden. Dies ist ein Scrennshot davon:
Die blaue Kurve zeigt die Gasgriffstellung, die rote den Anstieg der Drehzahl. Die "x"-Achse unter ist die Zeit, die der Motor benötigt, um die unter der Last der Walze bis zum "Roten" zu beschleunigen. Das "Aufreißen" des Gasgriffs als Start der Messung, sowie das "Zudrehen" als deren Ende ist gut zu erkennen.
Die beiden geschwungene Linien im Bild oben zeigen die Einspritzzeiten an den Düsen jeweils des vorderen (gelb) und des hinteren Zylinder (grau). Was sofort auffällt, ist der unterschiedliche Verlauf dieser beiden Kurven: die Einspritzzeit am hinteren Zylinder ist durch die Bank ca. 5% kürzer als jene für den vorderen Zylinder.
Der RC8-Motor dürfte aber, was seine "Power-Units", also seine zwei Zylinder mit deren Ansaug- und Auspufflängen angeht, schwer symmetrisch aufgebaut zu sein. Daher fragt es sich, was die Ursache für diese Differenz im Kraftstoffbedarf ist.
Es sieht so aus, als entspräche diese reduzierte Kraftstoff-Zumessung für den hinteren Zylinder seiner Benachteiligung, die ihm widerfährt, weil er am weitesten vom Lufteintritt am viorderen Ende der Airbox entfernt ist.
Airbox runter - das ist zwar "Garage-Tune" reinsten Wassers, aber gleichwohl, weil er die Leistungproduktion sichtlich befördert, ein recht wirkungsvoller.
Die untere weiße Kurve im Pic zeigt den Lambdawert für Vollgas. Am Beginn der Messung, wenn die Beschleunigeranreicherung wirkt, liegt dieser Wert bei ca. 0,82 liegt. Das entspricht einem eher fetten Gemisch. Eine GSX/R z.B. bringt ihre Leistung mit einem deutlich mageren Gemisch und würde mit der RC8-"Fetten" bereits deutlich in der Leistung nachlassen. Die die neuen eingespritzten KTM-Motoren brauchen im Gegensatz halt ein wenig mehr Sprudelfür die Innenkühlung, damit die Leistung paßt. Das ist einfach so, und ist, für sich genommen, nichts Schlimmes.
Der Anstieg der weißen Lambdakurve "hinten" raus, insbesondere im Bereich des größten Drehmoment-Zuwachses in der Mitte, zeigt an, daß das Gemisch hier ohne Airbox-Deckel für beste Leistung zu mager ist. Eine adäquate Anpassung des Einspritzkennfeldes sollte daher schon das eine oder andere Zusatz-PS aktivieren können.
Resümee und Aufgabe für ein Tuning-Rezept:
Ohne Luftfilter mit nackten Trichtern in der Luft? Schadet das dem Motor nicht? Aber sicher. keine Frage. Wielange hält das ein Motor aus?
Erstaunlich lange. Einige Klassiker wie z.B. eine 750SS Ducati hatten sogar serienmäßig ausschließlich offene Trichter.
Wer also einen kurze Ritt - erst die Dosis macht, daß aus einem Ding ein Gift wird - mit seiner RC8 ohne Airbox-Deckel wagt, um dieses üppige Drehmoment bereits unterhalb von 5000 zu spüren; das geht schon, einmal ist kein Mal, das hält der Murdl sicher aus.. Vom Standpunkt der Haltbarkeit her sollte man auf eine Luftfilter nicht verzichten.
Die Aufgabe für die RC8- "Tuning-Küche" ist somit so beschrieben: Luftdurchsatz wie mit nackten Trichtern, aber mit gesiebter Luft, dazu ein Air/Fuel-Gemischan, das an diese verbesserte Motorfüllung optimal angepaßt ist.
Ich bin zuversichtlich, man kann dieses Ziel durch eine dezente Modifikation der Serien-Komponenten der Airbox realisieren. Die entsprechenden Original-Ersatzteile s´habe ich bei KTm bestellt.
Sobald sie da sind, werde ich an dieser Stelle über das Ergebnis berichten.
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