Habe mir jetzt mal etwas Zeit genommen und den ersten Teil des Kollegen aus USA übersetzt.
Er hatte einen 95% Prototypen der 790R zum testen und geht auf viele Details ein.
(Hier kann man leider nur mittels "Code" vermeiden, dass Zeilenumbrüche gelöscht werden...)
Code
Einleitend möchte ich erwähnen, dass meine Erfahrungen mit der 790R hauptsächlich auf Offroad fahren beruhen. Auch wenn ich zeitweise auf Strassen gefahren bin und fahren werde, bin ich bereit hier viele Kompromisse einzugehen um Offroad besser unterwegs zu sein. Falls du das Bike hauptsächlich für lange Touren nutzen möchtest, wird viel von dem was ich erwähne für dich völlig irrelevant sein.
Zunächst zur Frage, welche die meisten Leute hier beschäftigt:
Gewicht! 101,6 kg Front und 107,5 kg Heck, voller Tank, kein Gepäck – von mir auf Personenwaagen gemessen.
Vergleiche ich das mit meiner 950er, welche ich bereits mit vielen Maßnahmen leichter gemacht habe, 109,3 Front und 112,5 Heck mit ca. 4 l Sprit. In Summe also ist die 790R schon ab Werk etwa 20 kg leichter als meine 950.
In langsamen engen Kurven merkt man sofort den großen Unterschied durch den sehr tiefen Schwerpunkt. Während der Kurvenradius verbessert wurde, wird weiterhin ein Gitterrohrrahmen genutzt, man hat nicht die Blockierung einer F800GS oder Honda AT.
Dieses Gefühl der Leichtigkeit wird bei zunehmender Geschwindigkeit noch gesteigert, geht allerdings etwas verloren sobald die Reifen an ihre Haftungsgrenzen geraten ;)
Wegrutschen bzw. Drift lässt sich an der Front und vor allem auch am Heck sehr gut abschätzen und vorhersagen, das Limit ist allerdings deutlich höher als bei anderen Bikes dieser Klasse. Die Massenzentralisierung ist äußerst gut gelungen, die 790R hat ein sehr niedriges Trägheitsmoment, also sie lässt sich sehr leicht manövrieren und reagiert schnell für ihre Größe und das Gewicht. Alles in allem fühlt sie sich leicht und agil an, was Offroad und auf Trails viel Sicherheit vermittelt, allerdings auch etwas weniger Vertrauen bzw. Stabilität in Sand und bei großen Hügeln bedeutet.
Sprünge sind flach und stabil, wo die 950 gern Frontlastig wird wenn man den Absprung falsch erwischt. Durch die niedrige Massenträgheit ist der Effekt von Gas/Bremse zum ausbalancieren in der Luft größer als vermutet.
Wheelies sind sehr einfach, die 790R fühlt sich nicht so Frontlastig an wie die anderen „Adventure-Bikes“. Fühlt sich sehr vergleichbar mit einer SuperEnduro an.
Motor/Kupplung/Getriebe:
Der 790er Twin hat mich beeindruckt. Für euch, die nach Vergleichen mit anderen Maschinen suchen, z.B. eine Honda AT fühlt sich potent an, ist jedoch vergleichbar langweilig und hat eine deutlich verweichlichtere Leistungsentfaltung. Die AT hat ein breites nutzbares Leistungsband, aber zieht bei steigender Drehzahl nicht merklich mehr an.
Die F800GS hat unten raus weniger Drehmoment und fühlt sich insgesamt deutlich langweiliger an, hat einen recht kleinen nutzbaren Drehzahlbereich. Die F800GS vibriert auch deutlich mehr als die 790R. Der Motor war für mich immer das größte Manko an der 800GS, nur wegen dem würde ich schon keine kaufen.
Eine LC8 (zumindest mit Vergaser) kommt eine gute Ecke besser aus dem Drehzahlkeller und lässt sich daher noch Schaltfauler fahren, aber der 790er Twin dreht besser oben raus. Der LC8 Motor ist deutlich lauter.
Die Einspritzung des 790er funktioniert sehr gut, man kann aber in einigen Drehzahlbereichen merken, dass Emissionswerte eingehalten werden mussten.
Bei niedrigen Drehzahlen hängt er scharf am Gas, vermutlich da hier recht mager abgestimmt wurde. Das könnten Einige als ruppig empfinden.
Da die 790 Adventure ride-by-wire hat, kann man manchmal spüren wie die Gasannahme etwas abgeglättet wird, vornehmlich wenn man nicht im Rally Modus ist.
Mit dem Vergleich zu anderen Motoren im Hinterkopf, fühlt sich die 790R sehr wie ein Rally Bike an, der Motor hat ein niedriges Trägheitsmoment und mag etwas mehr Drehzahl. Es macht Spaß hart zu fahren und zum Drehzahllimit durchzuziehen. Er fühlt sich von der Leistungsentfaltung her fast schon elektrisch an, was durch den sehr leisen Auspuff noch bestärkt wird. Jemand der mal mit mir gefahren ist meinte „Woah, ist wie ´ne wütende Kettensäge“. Es gibt auch leichte mechanische Geräusche aus dem Motor, welche man aber nur hört weil der Rest so leise ist.
Spritverbrauch scheint sehr gut zu sein, hier kann ich wegen hauptsächlicher Offroad Nutzung aber nicht viele Daten nennen. Auch bei mir funktionierte die Tankanzeige noch nicht, daher habe ich sowieso sehr regelmäßig getankt.
Die Getriebeübersetzung fühlt sich minimal kürzer an als bei LC8 Adventures, scheint aber unwichtig zu sein, da der 790er sich in höheren Drehzahlen deutlich wohler fühlt als ein LC8.
Ich liebe sehr breite Getriebeübersetzungen, daher hätte ich immer gern einen noch kürzeren 1. Gang und einen noch längeren 6. Die Gangabstände beim 790er sind super, nicht so eine seltsame Lücke zwischen 5 und 6 (F800) oder sowas. Der Schaltvorgang ist sauber und präzise wie erwartet. Anfangs habe ich 2-3 mal ´nen Gang verfehlt, das lag aber am ungewohnten Bike und MX-Stiefeln.
Die Kupplung hat all meine Schandtaten gemeistert. Kupplungszug ist leicht und gut abzuschätzen, dabei war die Kuppelzone aber recht klein. In sehr technischem Gelände und mit ungewohnter RBW Gasannahme kann das Anfangs eine Herausforderung sein.
Für mich selbst, da ich sehr oft und viel mit der Kupplung arbeite, würde ich einen längeren Kupplungsarm montieren um die Kuppelzone zu erweitern, das habe ich schon bei mehreren Bikes gemacht. Ich sehe aber keinen Grund eine Hydraulische Kupplung nachzurüsten.
Elektronik und Fahrmodi:
Mein Bike hatte weder Quickshifter+, noch CruiseControl oder Heizgriffe, dazu kann ich also nichts sagen.
Ich bin jetzt nicht sonderlich bewandert in Elektronik Spielereien bei Bike oder Autos, einige an der 790R sind für mich auch mehr Spielerei als andere, daher fange ich mit denen an.
KTM MyRide ist vorhanden, habe ich aber nicht genutzt. Man kann Turn-by-Turn Navigation nutzen, jedoch eben nur Pfeile anzeigen, keine Karte. Zusätzlich lassen sich Musik und Telefonate via Bluetooth steuern, das mache ich sowieso über mein Sena.
Ich konnte den Quickshifter zwar nicht testen, aber ob ich den bräuchte weiß ich nicht. Das Bike lässt sich sehr schnell schalten, bei Bedarf auch nur mit einem kurzen Lupfen vom Gas.
Die Fahrmodi sind ziemlich genau wie von KTM zu erwarten, arbeiten bestens.
Den Regen-Modus habe ich nur kurz auf Funktion geprüft. Jop, funktioniert, matschige Gasannahme, aggressives ABS und TC.
Der Street-Modus lässt bereits zu ABS abzuschalten, Gasannahme Regen/Straße/Rally und TC an/aus. Funktioniert alles wunderbar und ist sehr gut anpassbar.
Der Rally-Modus, welchen ich fast immer genutzt habe, ist genial. Rally ABS lässt das Hinterrad blockieren und greift Vorn nur sehr zurückhaltend/spät ein. Das macht im Sand richtig Spaß und ABS ganz abzuschalten war für mich überflüssig.
Im Rally-Modus hat man außerdem den Multilevel TC, welchen ich fast immer auf Stufe 1 genutzt habe. Somit greift er nur minimal ein, was in rutschigen Kurven mit endlos langen Drifts belohnt wird. Auf Level 5-6 ist der Eingriff bei losem Untergrund für mich schon zu viel, kann jedoch beim erklimmen einiger Hügel sogar besser funktionieren als die eigene Gashand, ich fühl´ mich gedissed :D Auf Level 9 wiederum kann man schon mal abgeregelt stecken bleiben, das kann ich besser.
Übrigens, in den höheren TC-Stufen wird beim Springen ebenfalls Zündung/Gas unterbrochen, was man mit lauten Knallen aus dem Endrohr mitgeteilt bekommt. Klingt coll, ist aber Mist wenn man die Lage in der Luft noch mit Gas/Bremse nachbessern will.
Alle zuletzt genutzten Fahrmodi und Einstellung bleiben auch nach dem Ausschalten für die nächste Fahrt gespeichert, nur falls ABS und/oder TC komplett deaktiviert wurden sind diese dann wieder aktiv.
Das Display ist super und immer gut ablesbar, obwohl es keine matte Oberfläche hat. Ganz selten hat sich bei mir die Sonne direkt darin gespiegelt. Menü und Bedienung sind intuitiv, selbst für einen Anti-NERD wie mich.
Die Bedienelemente sind nun übrigens mit Hintergrundbeleuchtung, sehr cool wenn man Nachts unterwegs ist.
Trotz der Tatsache, dass die 790R ein CAN-Bus Bike ist, gibt es schöne Vorbereitungen für elektrisches Zubehör. Auch die Sicherungsbox und die Batterieklemmen sind leicht zu erreichen. Genügend Platz für zusätzliche Kabel, USB Lader usw.
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