Hi zusammen.
Mein Name ist Adrian, bin 23, leidenschaftlicher Motorradfahrer (und Probefahrer) und fahre selbst (noch) eine BMW R1100S, mit der ich immer noch sehr zufrieden bin. Ich bin in den letzten beiden Jahren so ziemlich alles Geile, was der Markt hergibt probegefahren (von der Duc 1098S über die KTM RC8 bis hin zur Benelli TNT). Letzt hatte ich die SD...hier der Fahrbericht aus Sicht eines BMW-Fahrers, bin auf Rückmeldungen gespannt...
Los geht's
Druck aufs Starterknöpfle, fast schon zu spontan rumpelt der Zweizylinder los und lässt es sofort mit deutlich erhöhter Kaltlaufdrehzahl nervös aus den beiden hochverlegten Endpipes ballern. Ich stehe noch neben dem Teil und fummle an meinem Helmverschluss rum. Mach doch schneller denk ich mir schwitzend, das alles geht von deiner Zeit mit diesem Killer ab. Aufstieg. Unerwartet hoch sitzt man, Kurzbeinige werden hier wenig amused sein. Ansonsten eitel Sonnenschein, sehr entspannter Kniewinkel, recht schmaler, aber passend positionierter Lenker, etwas verspielte Armaturen und Instrumente. Klack, Gang rein und losrollen. Sofort dreht der Twin wie gestört hoch, da ist im Vergleich zu meinem Tuttelbären vielleicht ein Zehntel der Schwungmasse vorhanden. Genau so schnell wie die Drehzahl nach oben jagt, fällt sie dann auch bei schroffem Kupplungseinsatz wieder ab. Akute Abwürggefahr. Man merkt also schon vor Verlassen des Händlerhofs, dass es sich hier nicht um einen Kindergeburtstag handelt.
Zaghaftes losbollern ist angesagt, schüchternes Wedeln zum eingewöhnen. Wirkt anfangs etwas hölzern, hatte mir das Ganze viel nervöser und handlicher vorgestellt. Doch die anfängliche Skepsis weicht von Meter zu Meter.
Zuerst geht’s mal durch ein paar Ortschaften. Hier geht mir gleich etwas ganz massiv auf die Nerven. Der Gasgriff hat bevor er die Gasbefehle an die Einspritzung weiterleitet, einen sehr störenden Leerweg. Besonders in Anbetracht des aggressiven, pitbullähnlichen Anreißens beim Gasanlegen könnte diese Eigenart insbesondere in engen, lastwechselintensiven Serpentinen lästig werden. Nachdem man über die KTM-Bremse ja schon einiges gelesen hat, das ahnen lässt, dass man bei deren Betätigung schneller über den Lenker segelt als man „Oh“ sagen kann, gehe ich die ersten Bremsversuche natürlich mit gehörigem Respekt an. Der ist zwar angesichts fehlenden ABS nie verkehrt, ansonsten muss man der Bremse in jeglicher Hinsicht Lob aussprechen. Perfekte Dosierbarkeit bei glasklarem Druckpunkt und ganz böser Wirkung. Nix für Träumer, so wie das ganze Bike. Die langen Geraden auf dem Weg zur Bienwaldmühle lassen sich gut zu allerlei Schabernack nutzen. Wedeln, beschleunigen, bremsen. Das Ganze immer wieder. Mittlerweile bin ich mit dem Superherzog warm geworden, s flutscht immer besser. Weiter Richtung Bad Bergzabern. Schmale, kurvige Landstraßen saugt die Österreicherin weg wie ein Ameisenbär die kleinen Krabbler. Schon hier lässt sich vage erahnen, was die KTM auf dem Weg zum Johanniskreuz anrichten wird. Bereits bei mäßigen Schräglagen begeistert die Superduke mit bestechender Neutralität und Präzision. Erst bei Landstraßenkurven mit hohen Tempi (160+) fällt der nervöse Geradeauslauf auf. Bedingt durch die fehlende stabilisierende Wirkung einer Frontverkleidung und den recht hohen Lenker ist die KTM anfällig für bösartigen Gegenwind und wirkt dann etwas nervös. Allerdings ist das Teil einfach nichts für lange Hochgeschwindigkeitsgeraden. Einmal treibe ich den Herzog auf etwas über 200 auf dem Tacho und es weht mich beinahe runter. Intensives Bauchmuskeltraining ist hier genau so garantiert wie anhaltende Taubheit und ein stocksteifer Nacken. Man kann es auch einfach so sagen: Die KTM hat den schlechtesten Wind-/Wetterschutz, den ich jemals erfahren habe. Kurve: Gaaaas und durch. Grinsen. Gänsehaut. Windschutz? Wer braucht so nen Scheiß?
Mittlerweile zuckeln wir durch Pirmasens. Langsames Fahren ist nix für die Kleine. Und auch nicht für mich. Ich merke, dass wir gut zusammen passen wir beide. Bin schon hier etwas verliebt, obwohl das wahre Kurveneldorado ja erst noch kommt. Selbst die rüde Gasannahme und der Leerweg sind vergessen, sobald es wieder kurviger wird. Dann spielen diese Nachteile eh keine Rolle mehr, da hier erbarmungslos am Kabel gerissen wird und sich die Freude über die unbeschreiblich direkte Umsetzung der Gasbefehle und die bis zur Redline anhaltende Drehfreude in den Vordergrund drängt. Überhaupt der Motor. Passt zum Rest wie die Faust aufs Auge, Kein gemütlicher Twin, der dir bereits ab Standgasdrehzahl das Toupet vom Kopf fegt und sich dann ab Halbzeit langsam aber sicher in den Dämmerschlaf vibriert. Nein nein. Unten rum stetes Gehacke auf der Kette, aber wenig Schmalz. Ab 4000 scheint dann ein kleines fieses Männchen irgendwas Verbotenes in die Brennräume zu kippen und schlagartig macht die Herzogin (es ist doch eine Sie) Männchen. Wie irr kurbelt der Twin hoch, lässt nicht locker und dreht oben raus beinahe wie ein gedopter Four. Klingt dabei aber zehnmal Geiler und ist zumindest auf der Landstraße einfach das spaßstiftendere Konzept. Das Sechsganggetriebe unterstreicht den Charakter des Motors. Knackig schaltbar, kurz übersetzt. Da stimmt jeder Anschluss, die eingetragenen 120 PS wirken beinahe untertrieben.
Ich passiere ein großes gelbes Schild, auf dem steht, dass ich in 500 Metern nach rechts Richtung Johanniskreuz abbiegen soll. Ich schwitze schon vor Freude und hoffe, dass wenig los ist. Wobei, auch wenn viel los ist, egal. Wedelt man halt ein bisschen mehr. Also, abbiegen und Schleusen auf. Volles Rohr schrubben die Kleine und ich im Tiefflug den ersten Kurven entgegen. Jetzt bin ich mal gespannt wie sich das Paket im richtigen Kurvengewirr schlägt. Und das Ergebnis ist wenig überraschend. Wenn man bei 30 Grad und kochend im eigenen Saft nach 2 Kurven eine Gänsehaut bekommt und anfängt vor Geilheit schüttelzufrosten, ist das wohl das beste Zeugnis, das man einem Bike attestieren kann. Und um wieder etwas objektiver zu werden: Die KTM ist das Beste was ich jemals gefahren bin. Besser gesagt, das Geilste. Zumindest auf Strecken wie dieser, die einfach das Salz in der Suppe des bikens sind. Fahrer und Maschine verschmelzen miteinander, die Herzogin setzt jeglichen Befehl sofort und rigoros um, lässt trotzdem alle Freiheiten für etwaige Kurs-, Geschwindigkeits- oder Bremskorrekturen zu. Ich winkle die Kleine ab wie ein Schlachter, kein Zucken, kein Rühren. Nur ein Mix aus stoischer Gelassenheit, sämig dämpfendem, stabilen Fahrwerk und einer mehr als crispen Rückmeldung. Die Fahrt hoch zum Kreuz ließe sich in Kurzform auch so darstellen: Vollgas…GEIL…bremsen…GEIL…Kurve…GEILGEILGEIL…Vollgas…usw.
Es ist schlicht und ergreifend wie ein unbeschreiblich geiler Rausch. Wahnsinn. Nie zuvor hab ich mich gleichzeitig so schnell und doch jederzeit kontrolliert auf einem Motorrad bewegt. Der abgedroschene Vergleich mit dem heißen Messer durch die kalte Butter drängt sich zwanghaft auf. 9700, nächster Gang, volle Lotte, wieder Redline, leicht anbremsen, volle Schräglage, trotzdem Gas voll auf. Die Pirellis kleben wie blöd, kein Rutscher, nichts. Nur bei scharf angegangenen, etwas weiteren Kurven, die mit 140 bei großer Schräglage durchmessen werden, könnte die Rückmeldung vom Vorderrad noch ein Quentchen intensiver sein. Ist mir aber nur in einer Kurve ganz kurz aufgefallen. Was mir ansonsten auffällt: das Bike ist ultrabequem. So einen entspannten Kniewinkel (Papas GS ist dagegen ein Sportler) bei solch einer nahezu nicht auslotbaren Schräglagenfreiheit sieht man selten.
Ich rausche das Johanniskreuz zwei mal rauf und zwei mal runter. Kaum Verkehr, nur die Superduke und ich. Nur wir beide. Ganz allein. Oder war da doch Verkehr? Hmm, hab’s vergessen.
Die Rückfahrt führt über die A65. Laaaaangweilig. Gähn. Etwas Würze in dieses dröge Szenario bringt einzig die schon seit einigen Kilometern durchdringend gelb illuminierte Tankleuchte. Im Hinterkopf stets der Ruf der Kleinen, gerne mal einen oder zwei über den Durst zu trinken. Mittlerweile schwitze ich nicht nur aufgrund der tropischen Temperaturen, sondern auch aus Sorge vor Ebbe im Tank. Um den Verbrauch zu drücken, lege ich mich sogar aerodynamisch wertvoll auf den Tank. Sieht bei 120 natürlich saumäßig affig aus, so wie wenn man versucht auf einer 125er alles rauszuquetschen. Aber hilft ja nix. Abfahrt A65, ein freundlicher Trucker erklärt mir den Weg zur nächsten Tanke. So ugf. 2 km. Uff, Gott sei Dank. Beruhigt auf den Weg gemacht. Nach 10 echten und 100 gefühlten Kilometern endlich angekommen. 18 Liter passen rein, 17,8 gehen rein. Passt doch, Adrian. Und das alles nur weil du dich so schöne flachgemacht hast, flüstert sie mir knisternd zu.
Jetzt traue ich mich es laut zu sagen: ich bin verliebt.
Hab noch keinen Bericht gelesen der den Charakter der SD so gut beschrieben hat! 
hier im Forum!
Geile Scheisse 
